Horrorvisonen im Ausverkauf

■ Sparkommission: Bis 1997 müssen 800 Millionen Mark gespart werden

Eine Auktion der Horrorvisionen: „Tiefe Einschnitte“, „Eisregen“, „Heulen und Zähneklappern“ – wer bietet mehr? Kaum zu überbieten waren sie mit ihren Gruselszenarien, die sie über Hamburgs Zukunft ausbreiteten wie ein Leichentuch, die Senatoren Runde (Finanzen), Rittershaus (Wirtschaft), Hackmann (Inneres) und Bürgermeister Voscherau. Nach der zweiten Sitzung der Sparkomission traten sie gestern vor die Presse, um Hamburgs Bevölkerung auf die große Depression vorzubereiten. Und ihr Zahlenwerk klingt furchterregend.

Der Volkssport „Sparen“ wächst sich zum beinharten Marathon aus – in den nächsten drei Jahren kommt es knüppeldick. 1994, so die Komission, müssen „nur“ 100 Millionen Mark gespart werden (25 Millionen mehr als bisher veranschlagt). 1995 werden es schon 400 Millionen, 1996 nochmals 525 Millionen und 1997 gar 600 Millionen Mark werden. „Wenn wir das durchgesetzt haben“, so Voscherau, „wird sich das Gesicht der Stadt verändert haben.“

„Die größte Herausforderung der Nachkriegszeit“ nennt Ortwin Runde das Konsolisiederungspaket. Rezession (Steuermindereinnahmen von 633 Millionen) und Aufbau Ost, für den Hamburg im nächsten Jahr 750 Millionen zahlen muß, reißen gewaltige Löcher in die Haushaltkassen. Die zu stopfen, seien alle gefordert. Doch der Hiobsbotschaften nicht genug: Neben den immensen Einsparungen müssen auch die Einnahmen um jährlich 100 bis 200 Millionen Mark erhöht werden. Von der Veräußerung städtischen Eigentums, der Anhebung von Gebühren bis zur Absenkung von Qualitätsstandards – „in der Diskussion gibt es keine Tabus“, so Voscherau.

Wer wann wie stark bluten muß, wurde gestern von der Komission noch nicht verraten – außer, daß sich Beamte des höheren Dienstes auf eine Nullrunde vorbereiten müssen. Am nächsten Dienstag werden die Behörden ihre Sparvorhaben für 1994 (in Höhe von 75 Millionen Mark) vorlegen, parallel wird geprüft, wo die weiteren 25 Millionen Mark zu holen sind.

Im Sommer geht der Senat dann ans Eingemachte: Dann wird der Etat für's nächste Jahr zurechtgezimmert. Ab dann lautet das Motto: Wer bietet weniger?

Sannah Koch