Kubanische Dollar-Diplomatie

Begrenzter Dialog mit Exilgruppen angesichts der Wirtschaftskrise / Castro setzt auf Spaltung der Auslandskubaner / Schon IWF-Kontakte?  ■ Von Bert Hoffmann

Hamburg (taz) – Die dramatische Wirtschaftslage zwingt die kubanische Regierung zu einer „Dollar-Diplomatie“ der anderen Art: Die Annäherung an die kapitalkräftige Exilgemeinde steht ganz oben auf der Tagesordnung der Regierung Castro. Die jüngste dieser Avancen gab Außenminister Robaina González jetzt bekannt: Von 21. bis 24. April werden rund 200 Exilkubaner zu einer Konferenz über „Die Nation und die Emigration“ nach Havanna reisen.

Mehr als alles andere ist dieses Treffen eine politische Geste im Dienste des wirtschaftlichen Krisenmanagements. Doch so ohne weiteres lassen sich die jahrzehntelang als „konterrevolutionäre Würmer“ gegeißelten Kubano- Amerikaner nicht als Touristen, Geldgeber und potentielle Geschäftspartner umwerben. So waren die ersten Reaktionen auf die seit Ende letzten Jahres vermehrten Besuchsmöglichkeiten für Exilkubaner äußerst zurückhaltend, die neu eingerichteten Direktflüge von Miami nach Havanna blieben halb leer.

Um hier eine „Normalisierung“ zu erreichen – und auch um die Exilgemeinde politisch zu spalten –, hat die Regierung im vergangenen Jahr einen offiziellen „Dialog mit der kubanischen Gemeinde im Ausland“ begonnen. Dieser „Dialog“ steckt jedoch in einem grundsätzlichen Dilemma: Solange nur mit mehr oder weniger sympathisierenden und wenig repräsentativen Gruppen der Auslandskubaner gesprochen wird, bleibt das politisch ohne größere Bedeutung. Und mit den politisch gewichtigeren Organisationen des Exils würde ein Vorführdialog nicht funktionieren – denn die würden über kurz oder lang auf echte Verhandlungen drängen, die auch Fragen der politischen Macht berühren. Und dazu zeigt die Führung in Havanna bislang keine Neigung.

Die angekündigte Konferenz im April zeigt dieses Problem deutlich: Nicht nur die „extremsten Elemente des Exils wie die Kubanisch-Amerikanische Nationalstiftung“ von Jorge Mas Canosa wurden von dem Dialog ausgeschlossen, wie Außenminister González vor der Presse erklärte; vielmehr hatte gerade zehn Tage zuvor die kubanische Nationalversammlung auch die in Madrid ansässige „Demokratische Plattform“ von Carlos Alberto Montaner, eine der wichtigsten moderat-liberalen Organisationen des Exils, kurzerhand für „von der CIA unterstützt“ erklärt und von jeglichem Dialog ausgeschlossen.

Ob die von Eloy Gutiérrez Menoyo gegründete Gruppe „Cambio Cubano“ (Kubanischer Wandel) an dem Dialog-Treffen in Havanna teilnehmen wird, ließ der Außenminister offen. Gerade diese Entscheidung aber war voller Spannung erwartet worden, denn mit mehr Gewicht als irgend jemand zuvor hatte Menoyo im vergangenen Jahr die Alleinherrschaft des Ultras Mas Canosa über das kubanische Exil in Miami herausgefordert, als er – ein gestandener Castro-Gegner, der 20 Jahre in Kuba im Gefängnis saß – nicht nur für einen Dialog mit Fidel Castro und gegen das Handelsembargo der USA Position bezog, sondern gar den Reformern in der kubanischen Regierung ein „Vertrauensvotum“ gab – in Miamis Exilgemeinde eine Sensation.

Zumindest Teile der Reformkräfte in Kuba hoffen darauf, daß es mit Menoyos „Cambio Cubano“ auch zu ernsthaften politischen Verhandlungen kommt. Und die Aufhebung des US-Embargos gegen den einstigen Kriegsgegner Vietnam vor zwei Wochen hat es denkbarer werden lassen, daß auch die Blockade-Politik gegen Kuba über einen Verhandlungsweg fallen könnte, der sicherlich schmerzhaft wäre, jedoch nicht die „bedingungslose Kapitulation“ der Revolution als Preis fordern würde. Ein Signal der US-Regierung könnte es beispielsweise sein, so bemerkte die Londoner Financial Times unlängst in einem Kommentar, wenn Washington eine Aufnahme Kubas in IWF und Weltbank nicht verhindern würde. Ein Szenario, das gar nicht so fern liegt, wenn eine – von kubanischer Seite allerdings dementierte – Meldung des Handelsblatts vom 30.12.93 zutreffen sollte: Derzufolge ist bereits im Oktober eine IWF-Delegation in Kuba empfangen worden, um die Regierung Castro bei der Ausarbeitung weiterer wirtschaftlicher Reformmaßnahmen zu beraten.