Arafat demnächst als Briefmarke

Israelis und Palästinenser kommen sich immer näher / Die künftige palästinensische Polizei soll eine Geheimabteilung haben und mit dem israelischen Shin Bet zusammenarbeiten  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Israelis und Palästinenser kommen sich bei ihren Verhandlungen über die Umsetzung des Gaza-Jericho-Abkommens schrittweise näher. Gestern erklärten Sprecher beider Delegationen in dem ägyptischen Badeort Taba, man habe Fortschritte erzielt, die ein Abkommen über die künftige palästinensische Verwaltung Jerichos und weiter Teile des Gaza-Streifens noch vor Ende des Monats möglich mache. Annähernd einig sei man sich über die Zukunft der Post- und Telefondienste, des Radios und Fernsehens, der Wasserversorgung sowie die Ausgabe von Reisedokumenten und andere öffentliche Aufgaben. Wie die Kompromisse im Detail aussehen sollen, sagten die Delegationssprecher nicht. Bekannt wurde, daß die Palästinenser den Israelis das Zugeständnis abgerungen haben, eigene Briefmarken drucken zu dürfen.

Die Annäherungen sind nach Angaben des Leiters der palästinensischen Delegation, Nabil Schaath, Resultate einer Reihe Gespräche zwischen ihm und dem israelischen Verhandlungsführer, General Amnon Schahak. Darin gelang es Schaath nach eigener Darstellung, sein Gegenüber davon zu überzeugen, daß die Herausgabe von Briefmarken nicht Ausdruck staatlicher Selbständigkeit sei. „Auch wenn wir immer von staatlicher Selbständigkeit träumen, müssen wir die Israelis davon überzeugen, daß wir es gegenwärtig nur mit Vorbereitungen für eine beschränkte Selbstverwaltung zu tun haben“, erklärte er seine Verhandlungsstrategie. Die PLO fordere derzeit „keineswegs die Funktionen eines selbständigen Staatswesens“. Die Israelis ließen sich zumindest in der Frage der Briefmarken auf Schaaths Argumentation ein. Umstritten bleibt allerdings, ob die kleinen, gezackten Hoheitssymbole künftig auch im internationalen Postverkehr verwendet werden dürfen. Ebenso werden die Palästinenser weiterhin mit den Israelis über die Einführung einer palästinensischen Währung feilschen müssen.

Annäherungen wurden auch über die Aufgaben einer zukünftigen palästinensischen Polizei erzielt. Faruk Amin, der ranghöchste palästinensische Polizeioffizier in der Westbank erklärte gestern, die „Grundlage für eine ordentliche Funktion der palästinensischen Polizei“ werde die „Zusammenarbeit mit der israelischen Polizei auf allen Gebieten“ sein. Zwar werde es sich um zwei separate Polizeiapparate handeln, aber die Zusammenarbeit werde den „Erfordernissen entsprechend kameradschaftlich fortgesetzt“. Amin hat einen Offizierskurs an der israelischen Polizeiakademie absolviert und war bis zu Beginn der Intifada als palästinensischer Polizist unter der israelischen Besatzungsmacht tätig.

Differenzen bestehen noch über die Anzahl der Polizisten und einige Details ihre Ausrüstung. Die Palästinenser fordern eine 10.000 Mann starke Truppe, die Israelis wollen aber nur 6.000 palästinensische Ordnungshüter bewilligen. Ein palästinensischer Sprecher betonte gestern, nur eine starke Polizei könne die von den Israelis geforderte Ruhe und Ordnung in Jericho und im Gaza-Streifen garantieren. Die Verhandlungen über dieses Thema sollen bis zum Wochenende abgeschlossen werden.

Bisher wurde bekannt, daß die palästinensische Polizei auch über eine Geheimabteilung verfügen wird. Diese soll dem israelischen Geheimdienst Shin Bet entsprechen und nach israelischen Wünschen möglichst eng mit diesem kooperieren. Die Palästinenser sind dagegen zwar zu Koordination und Informationsaustausch bereit, wollen aber über den Umgang mit der eigenen Opposition selbst entscheiden. Veteranen der Palästinensischen Befreiungsarmee (PLA) sollen den Grundstock sogenannter Einheiten für Nationale Sicherheit bilden.