Geld sparen unter den Pflastersteinen

■ Ägyptens islamische Fundamentalisten werfen Bomben jetzt auch auf Banken

Kairo (taz) – Nach den Morden an Touristen, Kopten und Polizeioffizieren haben die militanten Islamisten in Ägypten ein neues Ziel entdeckt: Banken und Finanzinstitute, die mit Zinsen arbeiten. Die Gamaat al-Islamiya (Islamische Gruppen) erklärten sich für eine Bombe verantwortlich, die vorige Woche vor dem Gebäude einer staatlichen ägyptischen Bank in der Kairoer Innenstadt hochging, eine weitere kleine Bombe explodierte am Dienstag vor der halbstaatlichen Alexandria-Kuwait- Bank im Nobelviertel Muhandisyin. Verletzt wurde niemand.

In ihrer Erklärung fordern die Gamaat die im Ausland arbeitenden Ägypter und ägyptischen Investoren auf, ihre Gelder aus den Banken abzuziehen, da diese auf der Grundlage von Riba arbeiten.

Riba gilt als eines der im Koran verbotenen Dinge. „Diejenigen, die Riba nehmen, werden dereinst nicht anders dastehen als einer, der vom Satan erfaßt und geschlagen ist“, heißt es dort sinngemäß.

Der Terminus „Riba“ ist für die Islamisten gleichbedeutend mit Zins. Und Banken, die mit Zins arbeiten, sind nach Meinung dieser Gruppen im Islam verboten. Eine Interpretation, der nicht alle islamischen Rechtsgelehrten folgen. Manche von ihnen betrachten nur den Wucherzins, den haram, als verboten.

Der Streit um Riba erreichte vor fünf Jahren in Ägypten seinen Höhepunkt. Der Grund für den Hader waren neu herausgegebene Investmentzertifikate der staatlichen Bank Al-Ahli, derselben Bank, vor der nun die Bombe explodierte. Die Bank hatte beim Mufti Ägyptens, Scheich Tantawi, nachgefragt, ob diese festverzinsten Papiere im Islam erlaubt seien. Der oberste Rechtsgelehrte des Landes gab den Investmentzertifikaten darauf in einem fatwa seinen Segen. Die damit gesammelten Gelder würden nicht zur Bereicherung weniger, sondern für staatliche Entwicklungsprojekte verwendet, und das sei maslaha – im Interesse der islamischen Gemeinschaft –, begründete der Mufti damals.

Die Islamisten und die in Ägypten tätigen islamischen Banken liefen anschließend gegen dieses Rechtsgutachten Sturm. Sie ließen Gegengutachten erstellen. Außerdem warfen sie Scheich Tantawi Heuchelei vor. Dieser hatte sicherheitshalber der Bank vorgeschlagen, den Überschuß nicht Zins, sondern Investitionsrückfluß zu nennen. In den liberalen und linken Zeitungen des Landes wurde der Mufti nach dem fatwa als einer der größten Reformer des Islam gefeiert. Die linke Zeitschrift Al- Ahali machte ihn gar zum Mann des Jahres 1989.

Viele Muslime trauen den Zinsbanken nicht und sparen ihr Geld taht al balata – unter den Pflastersteinen. In der gesamten arabischen Welt schätzen Fachleute die Summe der so dem Bankkreislauf entzogenen Ersparnisse auf 80 Milliarden Dollar. Viele Banken in Ägypten haben daher in den letzten Jahren „islamische Zweigstellen“ eröffnet. Nicht nur private, auch staatliche Banken folgten damit den Beispielen der in den 80er Jahren gegründeten islamischen Banken.

Der Sparer bekommt dort keinen Zins, sondern ist am Gewinn und Verlust der Bank beteiligt. Die Bank ihrerseits vergibt Kredite. Dabei ist sie ebenfalls am Gewinn oder Verlust eines Projekts beteiligt. In den meisten Fällen kauft die islamische Bank allerdings Güter auf dem Papier, etwa Maschinen, und verkauft sie weiter an ein Unternehmen. Dieses muß dann später gegen Aufpreis zurückzahlen. Murabaha nennt sich dieser im islamischen Recht erlaubte doppelte Kaufvertrag, mit dem die islamischen Banken fast 90 Prozent ihrer Geschäfte tätigen. Meist unterscheidet sich der Aufpreis, den die islamischen Banken bei ihren Kaufgeschäften verlangen, nicht von den landesüblichen Zinssätzen.

Eine Tatsache, die auch die Vertreter der islamischen Banken mitunter freimütig zugeben. „Der Kunde ist nicht bereit, sein Geld zu verlieren, nur weil wir eine islamische Bank sind“, erklärte einer der islamischen Manager dieses Phänomen. Karim Al-Gawhary