WSI-Forscher fürchten Abwicklung

DGB will die leeren Kassen nutzen, um das als linkslastig gescholtene Wirtschaftsforschungsinstitut an die Hans-Böckler-Stiftung anzugliedern / Betriebsrat befürchtet Schrumpfkur  ■ Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Der Betriebsrat des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) fürchtet, daß die Verschmelzung des Forschungsinstituts mit der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung (HBS) zu einem massiven Arbeitsplatzabbau führen könnte.

Seit Ende des vergangenen Jahres prüft eine Kommission unter dem Vorsitz des früheren Finanzministers Hans Matthöfer (SPD) im Auftrag des DGB-Bundesvorstands die Möglichkeiten der Zusammenlegung. Ein Konzept wird die Kommission aller Voraussicht nach in der nächsten Woche vorlegen. Der erste Fusionsversuch war Anfang der 80er Jahre am Widerstand beider Institutionen gescheitert.

Doch inzwischen hält auch der Betriebsratsvorsitzende des WSI, Claus Schäfer, eine Zusammenlegung für „sinnvoll“, wenn die „Funktionsfähigkeit des WSI gewahrt wird“. Die Voraussetzung dafür sei aber, so Schäfer gestern während einer Pressekonferenz, daß bei der Fusion nicht das „Kosten-Regime“ dominiere.

Zu dem Jahresetat des WSI von sechs bis sieben Millionen Mark steuerte der DGB bisher jährlich fünf Millionen Mark bei. Entsprechende Mittel sieht auch der 94er Haushaltsplan vor. Die Anfang Januar eingeleiteten Sparmaßnahmen – bis 1996 sollen die Personalkosten im DGB um 24,9 Millionen Mark (13 Prozent) schrumpfen – gingen am WSI noch einmal vorbei. Auf Dauer soll aber auch der WSI-Zuschuß nach der Vorstellung der DGB-Spitze massiv sinken. Seither ist man bei der Hans- Böckler-Stiftung deutlich weniger an einer Aufnahme des WSI interessiert. Auf 70 Millionen Mark belief sich der HBS-Etat im letzten Jahr. Gut 32 Millionen davon stammen aus den Zuwendungen der gewerkschaftlichen Aufsichtsräte, die ihre Tantiemen zum größten Teil an die DGB-Stiftung abführen. Allein für die Forschungsförderung gewerkschaftsnaher Themen gab die Stiftung im vergangenen Jahr 15 Millionen Mark aus.

Der Widerstand gegen die Fusion speist sich nach Auffassung von Insidern aus der DGB-Zentrale nicht zuletzt aus diesem Bereich. Die von der DGB-Spitze gewünschte Verkopplung von gewerkschaftlicher Forschungsförderung und Forschung unter dem Stiftungsdach nährt die Furcht vor ausbleibenden Forschungsgeldern bei den bisher bedachten Instituten. Schon im letzten Jahr kamen 800.000 Mark an WSI-Forschungsmitteln aus den Töpfen der Hans- Böckler-Stiftung. – Politisch motivierte Kritik an dem in gewerkschaftlichen Kreisen oft als „linkslastig“ gescholtenen WSI ließ zusätzliche Hürden zwischen den potentiellen Partnern wachsen. In normalen Zeiten bot sich damit genügend Stoff für dauerhafte Blockaden. Doch jetzt sorgen die leeren Kassen – in den beiden vergangenen Jahren verlor der DGB knapp 1,5 Millionen Mitglieder – für Handlungsdruck. Den Reformern in der DGB-Zentrale kommt die Finanzmisere gerade recht. Vom „Glück im Unglück“ ist die Rede, weil die Geldnot den erstarrten Apparat leichter in Bewegung bringe.