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Kohl predigt in Hannover

■ „Wir lassen uns das Glück der Einheit nicht vermiesen“

Hannover (taz) – Sicher war es eine Wahlkampfrede am Abend des Ascherwittwoch in der hannoverschen Stadthalle. Helmut Kohl lobte den CDU-Spitzenkandidaten als „einen Mann, der Vertrauen verdient“, nannte die kommenden Landtagswahlen „eine Wahl in einem wichtigen Augenblick in der Geschichte unseres Volkes“ und streute später noch einige Bemerkungen zu Technikfeindlichkeit von Rot-Grün in seine Rede. Er wiederholte auch die Behauptung, daß „führende deutsche Sozialdemokraten der Forderung Honeckers nach Aufhebung der gemeinsamen deutschen Staatsbürgerschaft nachgekommen sind“, um zum Jubeln hinzuzufügen: „Wir haben bei allen Fehlern das Ideal der deutschen Einheit nie verraten.“

Doch ansonsten lieferte der Kanzler seinen gut zweitausend Anhängern beinahe eine Stunde lang seine konservative Sicht der Welt, bot moralische Aufrüstung durch Sätze wie: „In vielen Fällen haben bei uns die Hunde Vorfahrt vor den Kindern; wir müssen wieder ein kinderfreundliches Land werden.“ Oder: „Ich sehe in die Gesichter der Älteren. Ein Land, das nicht mehr danke sagen kann, hat keine Zukunft verdient.“

Eine „nüchterne ehrliche Bilanz“ versprach der Kanzler am Anfang seiner Rede und auch, daß die deutsche Politik alles tun müsse, „damit die Menschen Arbeit bekommen“. Dem folgt der Verweis auf die Billiglohnländer im Osten, „auf die neue Konkurrenz mitten in Europa“ und die Aufforderung, wir müssen „umdenken“. Kohls immergleiche Stichworte dagegen lauten: „Erstklassige Waren, zu vernünftigen Preisen“, mehr Modernisierung, technologisch an der Spitze der Welt stehen, weg von der „Verakademisierung der Berufswelt“, weg von der „Konfliktpädagogik“, die den „Kindern die Freude am Leben nimmt“.

Kohl hat am Aschermittwoch in Hannover versprochen, daß es „keinen Sozialabbau geben wird“, aber daß „wir umschichten müssen“ und er hat mehr Optimismus von seine CDU-Getreuen verlangt: „Warum machen wir eigentlich diese Miesmacherei mit, warum lassen wir uns die Zukunft verdrießen?“ rief er aus und wollte sich selbst „das Glück der deutschen Einheit nicht vermiesen lassen“. Dem folgte noch das klare Bekenntnis zur Einigung Europas, die man jetzt schaffen müsse und in ein paar Jahren nicht mehr schaffen könne. Im Wahlkampfjahr, der Kohl, wie man ihn hinlänglich kennt. Jürgen Voges

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