Diffamierter Amtmann -betr.: "Teurer Widerspruch", taz vom 5.2.94

Betr.: „Teurer Widerspruch“, 5. 2. 94

Schöner wäre es natürlich gewesen, hätte irgend ein Gentech-Multi den Gegnern des Zentrums für molekulare Neurobiologie für die Rücknahme ihrer Widersprüche ein paar Zehntausender versprochen. Das hätte einen guten Aufmacher abgegeben. Aber ganz schön perfide ist immerhin auch noch, wenn ein „Amtsmann“ der Umweltbehörde (es heißt übrigens Amtmann) die Widersprechenden damit lockt, daß sie bis zu tausend Mark an Gebühren sparen können, wenn sie ihre Widersprüche zurückziehen. Daraus ließen sich glatt 56 Zeilen machen.

Aber wieviel Lesestoff gibt es her, wenn der „Amtsmann“ die schriftliche Frage eines Gentech-Gegners: „Würden Sie auf die Berechnung von Gebühren verzichten, wenn ich meinen Widerspruch zurückziehe?“ wie folgt beantwortet: „Wenn Sie Ihren Widerspruch zum jetzgen Zeitpunkt zurückziehen,werden in der Regel (Ermessensfrage der Behörde) keine Kosten erhoben.“ Was bleibt von der vermeintlichen Perfidie des „Amtsmannes“, wenn dieser gar nicht verheimlicht hat, daß den einzelnen Widersprechenden nicht der volle Gebührenhammer treffen wird, sondern dem Fragesteller vielmehr mitgeteilt hat: „Die Kosten können sich durch die Vielzahl gleichlautender Widersprüche verringern.“

Vor diesem (dem Autor des Artikels bekannten) Hintergrund, finde ich es schlicht unfair, einen Behördenmitarbeiter als „Amtsmann“ zu diffamieren, der „Kostendrohungen“ als „Anreiz zur Widerspruchzurücknahme“ ausstößt. Und ich mag einfach nicht glauben, daß die taz-LeserInnen nur derart personalisierte und auf Schwarz-weiß gebürstete Geschichten schlucken.

Kai Fabig,

Sprecher der Umweltbehörde