Hotta und die Generation X

■ Wie wohnt eigentlich die Generation, die auf alles verzichten muß?

Nicht ganz ohne Schrecken werde ich allnächtens beim Einschlaf-Zappen mit einem Werbespot für einen Musik-Sampler konfrontiert, der mit den Worten „Bei dieser Musik fühlen Sie sich wieder jung“ eine Zusammenstellung von Ultravox, Bronski-Beat und anderen Hits der 8Ts lobpreist. Nervös wälze ich mich im Bett, ein wenig gegrämt, daß man sich als Endzwanziger, der mit dieser Musik aufgewachsen ist, offenbar nicht mehr jung fühlen darf. Doofe Werbung.

Nun, so belehren mich die Zeitgeistorgane von Titanic bis sogar Prinz, wird die gegenwärtige Jugend als Generation X bezeichnet – hergeleitet von dem Titel eines ziemlich mäßigen Romans des Kanadiers Douglas Coupland. Definiert werden die Mitglieder dieser X-Generation als die ersten, denen es schlechter gehen wird als ihren Eltern oder älteren Geschwistern. Die Kinder der Rezession sozusagen. Wie sie sich kleiden, welche Musik sie hören, damit wird man auf Musikkanälen konfrontiert.

Doch wie leben diese neuen Schmuddelkinder, die Einfach- Rock 'n' Roll ala–Nirwana hören und sich Blaubandmargarine ins viel zu lange Haar schmieren? An welchen Frühstückstischen fällt ihnen allmorgendlich ihr Grunchy Nut aus dem Gesicht, will jemand wissen, dessen Zeitgenossen in den 8Ts sich regelmäßig beim Aufklappen iher sündhaft teuren Lignet Roset-Schlafsofas die Finger geklemmt haben.

Verzichten muß diese Generation, die so vieles, wie Aussichten auf einen Job und andere Perspektiven für die Zukunft entbehren muß, zudem noch auf die regelmäßigen Sperrmüllstraßenfeste der Vorgenerationen. Solch Unrat wird heutzutage auf Bestellung von der Müllabfuhr entsorgt. Also bleibt nur noch das Möbelhaus, daß seinen Produkten so schöne Namen wie Billy, Hotta, Melker, Bra undsoweiterundsoweiter gibt.

Douglas Coupland, Erfinder der Generation X, bezeichnet solche Einrichtungsgegenstände als schwedische Wegwerfmöbel. Ein bißchen böse vielleicht, weil die Qualität doch besser ist. Doch der Nährwert von Burger-King-Fast-Food ist auch höher als allgemein angenommen. Gemein hat dieses Interieur-Mc Donald's allerdings, wenn man den Katalog durchblättert, nur die Scheinbarkeit des Niedrigpreises. Sicherlich, auch der wenig situierte Generation-Xler kann etwa für 298 Mark ein komplettes Sofa kaufen oder einen Kleiderschrank für 99 Mark. Aber das Rezessionsgefühl bleibt, bei der Pracht der Möbelausstellung, bei dem Arrangement der Einrichtungsgegenstände, vollends außen vor.

Eher dieser Verzichter-Generation entsprechen sicherlich die „Zu-verschenken“-Spalten in Anzeigenblättern. Oder auf das Verzichten einfach mal verzichten und bei unseren Inserenten kaufen.

kader