Unterm Strich

Filmfreaks wissen bereits, daß der polnische Regisseur Krzysztof Kieslowski glaubt, in seinen Filmen „alles gesagt zu haben“ und deshalb seine Arbeit in diesem Medium für beendet erklärt hat. In Berlin ist der müde Macher nun bei einem von der Europäischen Filmakademie veranstalteten Treffen auf Wim Wenders gestoßen, der zwar ebenfalls schon seit Jahren keinen besonders frischen Eindruck macht, aber auch keine Anstalten, vom Filmemacher endgültig zum Lyriker umzusatteln und uns so vielleicht den kommenden Bücherherbst mit ein paar herzhaften Lachern zu verschönern. Wenders erzählte von dem Einfluß der 68er-Studentenbewegung auf seine Studienzeit in München von 1967 bis 1969. Er habe oft Filme für ein Publikum gedreht, das seine Filme nicht brauchte, meinte er. Ach Wim, nicht so kleinlaut! Wir haben Deine Filme schon gebraucht, damals, in den Seventies. Und daß wir nun auf Dein religiöses Spätwerk nicht so können, das kannst Du doch nicht einfach uns anlasten. Aber Du kommst doch auch ohne uns klar, oder?

Ach herrje! Was ist noch originaler Stoff in dieser artifiziellen Welt, was ist schon noch aus massivem Material, aus echtem Schrot und Korn? So gut wie nichts, verehrtes Publikum, in dieser Welt setzt man sich – um es bildlich zu sagen – mit falschen Freunden zu Tisch, um mit dritten Zähnen (schreibt man das vielleicht groß – wie Dritte Welt?) falschen Hasen zu essen. In dieser Welt der Inauthentizität (M. Jackson) wundert es dann auch nicht mehr, daß die wunderwunderschöne Liz Taylor demnächst ein künstliches Hüftgelenk verpaßt bekommt. Weiß sie selber noch, welche Teile noch nicht runderneuert sind?

A propos: Die Jacksons wollen am Samstag in Las Vegas zusammen auftreten, jawohl, seit 20 Jahren zum erstenmal wieder die ganze Mischpoke. Erstaunlicherweise verkaufen sich die Karten sagenhaft schlecht: Am Schalter werden sie für 200 bis 350 Dollar gehandelt, auf dem Schwarzmarkt für 50 Dollar! Der Grund: Zweifel daran, daß Jacko, immer noch unter Verdacht, mit von der Partie sein wird.

Literaturwissenschaftler und Verleger aus verschiedenen Ländern wollen wissen, was echt ist und was bleibt von Alfred Anderschs Werken. Daher haben sie am Freitag in Bad Homburg eine Alfred-Andersch-Gesellschaft gegründet. Der Anlaß: Andersch wäre in diesem Jahr 80 geworden. Der Stuttgarter Literaturwissenschaftler Dr. Volker Wehdeking erklärte, man wolle die Forschung über das Werk von Andersch neu beleben. Geplant sei die Herausgabe einer Schriftenreihe über den Autor, die Veröffentlichung bisher noch nicht zugänglicher Arbeiten und die Schaffung eines Andersch-Preises zur Förderung junger Autoren. Außerdem werde sich die Gesellschaft für die Herausgabe einer Andersch-Werkausgabe einsetzen. Von Stuttgart aus.