■ Die Familienministerin will Sonderabgabe von Kinderlosen
: Sklavin der drei großen K

Die Bundesfamilienministerin hat die Eltern entdeckt. Menschen mit Kindern würden in ihrer Einkommenssituation immer stärker benachteiligt. Sie müßten auf Karriere verzichten und Einbußen am Lebensstandard hinnehmen – und von der Gesellschaft werde ihnen all das nicht gedankt. Dabei sorgten doch gerade Eltern für den Weiterbestand der Gesellschaft und des Sozialsystems. Ohne Kinder keine Rente, auch und gerade für uns Kinderlose. Ganz unterschwellig war uns die Ungerechtigkeit unseres Staates gegenüber Eltern und Kindern ja bewußt. Kommunen bauen Straßen, aber keine Kindergärten, bei Smog müssen die Kleinen, nicht die Autos drinnen bleiben. Über Politik wird am Abend entschieden, wenn Eltern auf den Nachwuchs aufpassen.

Künftig aber sollen wir Kinderlosen zur Kasse gebeten werden, schließlich machen wir Karriere, verdienen Berge von Geld, statt uns um die lieben Kleinen zu kümmern. So gut, so einsichtig. Ein paar Prozent Steuern zusätzlich sollen wir zahlen, eine Art Solidaritätszuschlag der Kinderlosen für die Eltern. Wenn es Eltern und Kindern in Deutschland damit künftig besser ginge, täten wir's sogar. Täten. Aber nicht für Frau Rönsch. Die Ministerin will nämlich das Geld gar nicht für die Kurzen ausgeben, sondern dafür, daß die deutsche Frau wieder an den Herd zurückkehrt. Die ganzen zusätzlichen Milliarden sollen nicht etwa für verbesserte Kinderbetreuung, für mehr Kita-Plätze, Spielplätze, Spielstraßen, Kindertickets für Busse und Bahnen, Jugendheime und was jugendliche Herzen sonst erfreut eingesetzt werden.

All die schönen Millionen sollen vielmehr im wesentlichen der Erhöhung des Kindergelds dienen. Hinzu kommt ein Zuschuß zur Rentenversicherung: Die Erziehungszeiten sollen bei der Rente stärker angerechnet werden. Erzogen wird bei Frau Rönsch aber nur von Frauen: „Einer Frau ist es bei einem oder bei zwei Kindern oft noch möglich, zumindest teilzeiterwerbstätig zu sein. Mit zunehmender Kinderzahl wird das schwierig, wenn nicht gar unmöglich.“ Erziehende Männer kommen in diesem Gesellschaftsbild nicht vor. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf steht bei Rönsch als „Kardinalfrage“ im Raum, statt dies als gesellschaftspolitische Aufgabe zu definieren.

Frau Rönsch geht es also nicht in erster Linie um die Kinder, sondern um die altbackene Kinder-Küche-Kirche-Ideologie. Solch Dünnpfiff darf allerdings die notwendige Debatte nicht verhindern. Die zehn Milliarden des Rönschschen Kindersolidaritätsbeitrags können sinnvoll ausgegeben werden (s.o.). Ergiebiger noch: Das Ehegattensplitting sollte abgeschafft werden, um damit ein 30-Milliarden-Programm für eine kindgerechtere Gesellschaft zu ermöglichen. Wir brauchen Phantasie, nicht Ideologie. Hermann-Josef Tenhagen