Kein Geld für die Opfer der kalten Aussperrung

■ IG Metall bereitet Streiks vor / Arbeitgeber kündigen Aussperrungen an

Hamburg (taz) – Die bezirklichen Tarifkommissionen der Industriegewerkschaft Metall haben gestern, nach Hessen, Bayern, Osnabrück und Westberlin, auch in allen anderen Tarifbezirken der westdeutschen Metallindustrie das Scheitern der Verhandlungen erklärt. Aus allen Bezirken liegen Anträge auf Urabstimmung vor, über die der IG-Metall-Vorstand am Montag in Frankfurt entscheiden wird. Daß es noch vor der Urabstimmung zu einem erneuten Spitzengespräch zwischen den Kontrahenten kommen könnte, bezeichnete IG-Metall-Chef Zwickel als sehr unwahrscheinlich. Sein Stellvertreter Walter Riester meinte, ein Gespräch habe nur dann Sinn, wenn vorher klar sei, daß es zu einer Einigung kommen werde.

Daß diese Einigung im Moment nicht in Aussicht steht, haben beide Tarifparteien am Freitag noch einmal deutlich gemacht. In den Stellungnahmen ging es eher um ihre Kampfstrategien als um ihre inhaltlichen Vorstellungen. Der Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Dieter Kirchner, kündigte unumwunden Aussperrungen für den Fall von gewerkschaftlichen Streiks an. „Die IG Metall entscheidet mit ihrem Streikbeschluß zugleich auch über Zeitpunkt und Umfang der Aussperrung“, stellte er klar.

Der Vorstand der IG Metall wird dem Antrag auf Urabstimmung am Montag in einem Tarifbezirk zustimmen. Welcher Bezirk das sein wird, steht noch nicht fest. Beobachter rechnen mit Nordmark, Bayern oder dem traditionellen Kampfbezirk Nordwürttemberg-Nordbaden. Die IG Metall hat angekündigt, sie werde erstens keine notleidenden Betriebe bestreiken, zweitens die Fernwirkungen der Streikaktionen möglichst klein halten, um den Arbeitgebern keine Handhabe für „kalte Aussperrungen“ zu bieten, bei denen aufgrund des berüchtigten Paragraphen 116 Arbeitsförderungsgesetz vom Arbeitsamt keinerlei Lohnersatzleistungen gezahlt werden. Die Gewerkschaft hat bereits angekündigt, sie werde an kalt Ausgesperrte kein Streikgeld zahlen. Man rechnet bei der IG Metall damit, daß die von den Arbeitgebern angekündigten Aussperrungen bewußt auf möglichst große Fernwirkungen angelegt werden, um bundesweit den Druck auf die Gewerkschaft zu verschärfen. Wenn es nicht doch noch zu einer Einigung kommt, wird die Urabstimmung in der ersten Märzwoche stattfinden. Streikbeginn wäre dann in der zweiten Märzwoche.

Auch wenn man die gewohnte Kampfrhetorik berücksichtigt, erscheint eine Einigung derzeit kaum möglich. Das Spitzengespräch in der letzten Woche ist an der Forderung der Arbeitgeber nach unbeschränkten Möglichkeiten zur Wiedereinführung der 40-Stunden-Woche gescheitert. Die Gewerkschaft hatte bei gleichbleibender Normarbeitszeit eine größere Schwankungsbreite und auf ein Jahr verlängerte Ausgleichszeiträume angeboten. Bei vorgezogenen Arbeitszeitverkürzungen und vertraglich vereinbarten Beschäftigungsgarantien war sie zum Verzicht auf Lohnausgleichsregelungen bereit. Die Arbeitgeber dagegen haben nach dem Scheitern des Spitzengesprächs ihre ursprüngliche Forderung nach Lohnsenkungen, Urlaubskürzungen und Arbeitszeitverlängerungen wiederholt. marke