15 Tote bei Massaker in Südafrika

■ Hexenjagd in Ulundi / ANC-Anhänger fliehen aus der Kwazulu-Hauptstadt

Johannesburg (taz) – Den Freitag hatten die 16 jungen Leute damit verbracht, in dem Flecken Mahehle Plakate aufzuhängen. Am Samstag wollten sie im Namen der Anti-Apartheid-Organisation African National Congress (ANC) Wählererziehung betreiben. Aber bevor sie Anschauungsmaterial verteilen und die Stimmabgabe mit einigen Theatersketchen vorführen konnten, kamen die Mörder.

Vier Männer mit Schnellfeuergewehren schossen in die Lehmhütte, in der die jungen Leute schliefen. Anschließend hackten sie einige Opfer zu Tode. 15 Menschen starben – zwölf waren jünger als 18 Jahre –, ein weiteres Opfer liegt schwerverletzt im Krankenhaus. Es war das bisher schlimmste Massaker dieses Jahres in Südafrika.

Der lokale ANC-Funktionär Zabuse Mlaba glaubt zu wissen, wo die Täter zu suchen sind: „Das waren die Leute, die nicht wollen, das andere wählen.“ In der Vergangenheit war das Gebiet um die Stadt Creighton von der Gewalt verschont geblieben, die während der letzten Jahre vor allem in der Provinz Natal Tausende von Toten gefordert hatte. „Wir haben uns bis heute damit gebrüstet, daß dies das friedlichste Gebiet des ganzen Landes war“, sagte denn auch ein örtlicher Polizeibeamter.

Mangosuthu Buthelezi, der Chef der konservativen Schwarzenbewegung Inkatha und Regierungsoberhaupt in dem Homeland Kwazulu, verurteilte das Massaker in einer Erklärung zwar „auf das schärfste“. Er hoffe, daß die Attentäter schnell gefaßt würden, fügte Buthelezi hinzu. Aber Beobachter und ANC-Funktionäre glauben ihm nicht. Der Chief Minister will Südafrikas erste allgemeine und demokratische Wahlen vom 26. bis zum 28. April „mit allen demokratischen Mitteln“ boykottieren, wie er sagt. Er verlangt stärkere regionale Autonomie für das von Südafrika geschaffene Schwarzenreservat Kwazulu und will jetzt auch, daß die Wahlen verschoben werden.

Offiziell hat Buthelezi nichts dagegen, daß in seinem Gebiet andere politische Gruppierungen Wahlvorbereitungen treffen. Aber in der Praxis handelt es sich dabei in manchen Regionen um eine lebensgefährliche Angelegenheit. „Hier reden sie besser nicht über Mehrheiten und Demokratie“, sagt in Nongoma der Schulleiter Dr. Musa Zulu, „je mehr Staatspräsident de Klerk und Mandela über Wahlen reden, um so aggressiver werden die Leute.“

Der Zorn von militanten Wahlgegnern der Inkatha traf mittlerweile sogar ein Mitglied des Kabinetts in Kwazulu. Simon Gumede, der in der Vergangenheit ein enger Berater von Buthelezi war und Befürworter der Wahlteilnahme ist, legte alle Ämter nieder und verließ Kwazulus Hauptstadt Ulundi. Sein Name war auf einer Liste aufgetaucht, in der angebliche Spitzel des ANC denunziert wurden.

Gumede besitzt allen Grund zur Vorsicht. Vor einem Monat war Petrus Zulu, ein Mitglied der Königsfamilie der Zulus, in Ulundi ermordet worden. Auch ihm hatten Unbekannte vorgeworfen, ANC- Verbindungen zu unterhalten. Inzwischen wurde ein weiterer Mann ermordet, dessen Name auf der gleichen Todesliste auftauchte, auf der auch Gumede und Zulu standen. In Ulundi packen mittlerweile ganze Familien ihre Sachen und fliehen vor der Hexenjagd, die von der Jugendorganisation der Inkatha entfesselt wurde.

Ein hoher Polizeibeamter in der Stadt Durban hat angesichts der zunehmenden Gewalt bereits die Hoffnung aufgegeben, daß die verbleibenden zwei Monate bis zu den Wahlen einigermaßen ruhig verlaufen könnten. „Die Zulus“, so sagt er, „werden die Serben Afrikas sein.“ Willi Germund