Bei Hagenbecks ist's auch schön

■ Im Erotic Art Museum ist die Kuscheltier-Ecke derzeit geschlossen Von Sannah Koch

Da erzähl noch einer, Gutachtertätigkeit für die Gerichtsbarkeit sei eine trockene Angelegenheit. Zumindest einem Sachverständigen gelang jetzt ein echter Fischzug: Nicht nur visuell, sondern taktil darf der sich ein Urteil über eine Frage bilden, die die Menschheit bewegt – wo die Grenze liegt zwischen Erotik und Schweinkram. Ein Problem, an das sich jener nun herantasten darf: An sieben mal sieben Zentimeter, sechs davon sechsbeinig. Die Rede ist von Elfenbeinfigürchen: Bis gestern noch Ausstellungsstücke im Erotic Art Museum, jetzt per Beschlagnahme in eine Asservatenkammer verbannt. Darunter „2 x Frau mit Hund, Frau mit Pferd, Frau mit Esel, Frau mit Steinbock“ – allesamt in recht inniger Verbindung.

Gesehen haben sie 80.000, bemerkt hat es nur einer: Daß es sich bei diesen Paardarstellungen aus dem 19. Jahrhundert gar nicht um Erotik, sondern um Pornographie handelt. Ein anscheinend wenig tierliebender Behördenmensch alarmierte die Staatsanwaltschaft – die schritt schon im vergangenen Jahr ein und schickte ihre Polizeifotografen zum Tatort. Diese legten ihrem Dientsherren offenbar derart scharfe Fotos vor, daß der das Amtsgericht bemühte. Dort jedoch herrschte ein Freigeist: Kunst, befand das Gericht und beließ es dabei.

Aber jetzt flatterte Museumsbetreiber Klaus Becker eine Beschlagnahme durch das Landgericht auf den Tisch: Hinsichtlich der „Pornographieeigenschaften“ müßten die Figuren in Augenschein genommen werden, Fotos seien dafür nicht ausreichend, so das Schreiben. Gestern sollten sie kommen, um die „witzigen“ Figürchen (Becker) abzuholen. Der versteht die Welt nicht mehr: „Wir betreiben hier doch keinen Kindergarten“ – schließlich darf ins Museum nur, wer schon 18 Lenze zählt.

Nun, sei's drum – wir wünschen dem Gutachter viel Freude und empfehlen unseren LeserInnen derweil einen Besuch bei Hagenbecks. Is– auch schön.