Sterbehilfe fürs Theater

■ Letzter Vorhang fürs Freiraum-Theater

Der letzte Vorhang ist gefallen: Im Freiraum-Theater werden keine Gastspiele mehr zu erleben sein. Die letzte Vorstellung der eigenen Produktion „door out“ markierte das Ende im Ringen um die Subventionen, die dem Theater – dank der allgemeinen Haushaltssperre – vorenthalten werden. Das entsprechende Risiko kann das kleine Haus nicht mehr länger tragen, erklärte gestern der Freiraum-Chef Jürgen Müller-Othzen; und: „Darüber wird noch eine ganze Reihe von freien Gruppen stolpern.“

Tatsächlich macht sich die Sperre, die vor vier Wochen per Senatsbeschluß über alle Ressorts verhängt wurde, vorerst nur bei wenigen Kulturgruppen bemerkbar. Beim Schnürschuhtheater hatte man „verdammtes Glück“, drei Tage vor der Sperre schon einen Abschlag der 250.000 Mark für –94 verbucht zu haben. Größere Unternehmen wie der Schlachthof und die Shakespeare-Company zehren derweil von ihren Einnahmen – eine Quelle, aus der das experimentierfreudige Freiraum-Theater natürlich weniger schöpfen konnte.

Dort konnten die Theaterleute zuletzt nicht einmal auf verbindliche Zusagen pochen. Für die 75.000 Mark aus dem Kulturressort, im Etat verbindlich eingetragen, gab es nie einen amtlichen Bewilligungsbescheid. Und auch der erhoffte Zuschuß aus dem Wirtschaftsressort – nochmals 75.000 Mark für das Festival „Theater Total“ im Herbst –94 – sollte nach den jüngsten Verhandlungen um mindestens 25.000 Mark gekürzt werden. Müller-Ohtzen wirft den Behörden nun vor allem „Unverantwortlichkeit gegenüber den Kulturschaffenden vor“: „Man hat uns ins Leere laufen lassen“, ohne sich klar für oder gegen das Theater auszusprechen. Den Schuh ziehen sich die Politker denn auch an. Längst sei klar gewesen: „Das Geld, was man dem Theater gegeben hätte, wäre sowieso zu wenig gewesen, um das Überleben zu sichern“, sagt Thomas Becker (FDP), Sprecher der Kulturdeputation. Doch noch auf der letzten Sitzung vor einer Woche konnten sich die Deputierten nicht zu einem klaren Ja oder Nein durchringen.

So bleibt Müller-Ohtzen und seinen sechs Mitarbeitern, die Defizite aufzurechnen und den Konkurs einzuleiten. Die Kurse, Seminare und Projekte im Haus sollen allerdings weiterlaufen. Wie es anderswo weitergeht, angesichts der neuerlichen Sparauflagen – darum sorgt sich nun der Rest. Mit einer Umverteilung unter den Kulturgruppen, ahnt Becker, wird es wohl diesmal nicht getan sein: „Die großen Kosten, die entstehen doch in ganz anderen Ressorts.“ tom