Kommunisten, Nazis und PDSler „alle gleich“

■ Im Streit um Straßennamen machen CDU und FDP keinen Unterschied zwischen NSDAPlern und Antifaschisten / SPD redet von Amateurhistorikern

Manchem Abgeordneten blieb gestern die Spucke weg. Die FDP hatte im Kulturausschuß das Thema Straßenumbenennungen auf die Tagesordnung setzen lassen und hetzte gemeinsam mit der CDU gegen Antifaschisten. „Käthe Niederkirchner ist in einer Linie mit Otto Strasser zu sehen“, behauptete beispielsweise Wolfgang Mleczkowski. Der FDP-Abgeordnete will den Namen der Widerstandskämpferin, die 1944 von der SS hingerichtet wurde, vom Straßenschild vor dem Preußischen Landtag tilgen. Die KPD- Aktivistin sei wie NSDAPler Strasser, der die Schwarze Front gegen Hitler gründete, „Wegbereiterin einer Diktatur“ gewesen. Für den Lichtenberger Günter Toepfer (CDU) sind Mauerwächter „das gleiche“ wie KZ-Aufseher, „SED und PDS sowieso dasselbe“.

Uwe Lehmann-Brauns, kulturpolitischer Sprecher der CDU, will im Straßenbild nur jene finden, die im Kampf um Demokratie und Freiheit „gefallen“ seien oder sich dafür einsetzten. Die Frauenrechtlerin Clara Zetkin habe zu verschwinden, denn die KPDlerin sei eine „außerordentliche Feindin der Weimarer Republik“ gewesen. Sie war 1932 Alterspräsidentin des Reichstags. In Berlin müsse „Mein und Dein zwischen Ost und West ein Ende“ haben.

„Monarchische Gesinnung“ machte Lehmann-Brauns' Kollege von den Grünen, Albert Eckert, aus. Er forderte Respekt vor den Antifaschistinnen, die ihr Leben lassen mußten, weil sie gegen das Naziregime gekämpft hatten. „Amateurhistoriker“, sagte SPDler Nikolaus Sander in Richtung FDP- und CDU-Bank. Umbenennungen seien keine Heiligsprechungen, Historiker wüßten um die zum Teil „gebrochenen“ Persönlichkeiten. Es sei die „Doppelzüngigkeit“ der Konservativen, zu DDR-Zeiten Bürgerrechtler hoch gelobt zu haben, heute aber Erinnerungen an Rosa Luxemburg auslöschen zu wollen. Nach deren Logik müsse auch der Name von Reichspräsident Hindenburg entfernt werden, schließlich habe er sich mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler auch zum Wegbereiter einer Diktatur gemacht.

SPD, Grüne wie PDS unterstrichen in dem Streit die Kompetenz der Bezirke. Zentralistische Umbenennungen dürfe es gerade im Ostteil nicht geben, sagte Eckert. Wer unzufrieden sei, solle in den Bezirksparlamenten kämpfen.

Der Streit um die „geistigen Visitenkarten Berlins“ (Mleczkowski) wird das Parlament weiter beschäftigen. Wenn die vom Senat eingesetzte Historikerkommission demnächst ihre Namens-Vorschläge vorlegt, will der Ausschuß den Rat der Bezirksbürgermeister hören und weiter debattieren. Dirk Wildt