Rover: BMW schluckt alles

BMW übernimmt Anteile von Honda  ■ Aus Dublin Ralf Sotscheck

Honda steigt bei Rover aus: Der japanische Autohersteller gab gestern in Tokio bekannt, daß er seinen Anteil von 20 Prozent an BMW verkaufen wird. Umgekehrt wird BMW seinen Anteil an der Produktions- und Vertriebsgesellschaft von Honda in Großbritannien abgeben. Über die Kaufpreise hüllten sich alle Beteiligten in Schweigen. „Bis heute hat unsere Europastrategie die Zusammenarbeit mit Rover eingeschlossen. In Zukunft wollen wir mit eigener Kraft die Märkte in Europa erschließen“, erklärte Honda-Chef Kawamoto. Damit endet eine 15jährige Zusammenarbeit.

Der Honda-Rückzug hatte sich bereits Ende Januar angekündigt, als BMW bekanntgab, daß man 80 Prozent der Rover-Anteile für 800 Millionen Pfund von British Aerospace kaufen werde. Ursprünglich hatte Aerospace dem japanischen Konzern die Anteile angeboten, doch Honda war nicht bereit, mehr als 49 Prozent zu übernehmen. British Aerospace wollte jedoch die gesamte Automobilsparte loswerden, um sich auf das Luftfahrt- und Rüstungsgeschäft konzentrieren zu können.

Ein Sprecher der britischen BMW-Niederlassung sagte gestern: „Wir sind enttäuscht, daß Honda nicht weitermachen will, aber wir verstehen, wie ihnen zumute ist.“ Honda will die Geschäftsbeziehungen in einem Zeitraum von zwei Jahren lösen. „Die Autos, die wir produzieren, stehen in Europa in direkter Konkurrenz zu BMW“, sagte ein Honda-Sprecher. „Wir waren nicht bereit, die überlegene Technologie, die wir entwickelt haben, in die Hände von BMW fallen zu lassen.“ Ungewiß ist bisher, ob Honda weiterhin den erfolgreichen Rover-Geländewagen „Discovery“ in Japan vertreiben wird.

Rover war der letzte bedeutende britische Autohersteller. Um den Niedergang der britischen Automobilindustrie aufzuhalten, waren die meisten verbliebenen Marken 1968 mit erheblichen Subventionen zu „British Leyland“ zusammengefaßt worden. Im Zuge der Tory-Privatisierungspolitik wurde Leyland – inzwischen unter dem Namen Rover-Gruppe – im Jahr 1988 zu 80 Prozent an British Aerospace verkauft, 20 Prozent gingen an Honda. Um das Unternehmen für die Privatisierung flottzumachen, war die Zahl der Beschäftigten von 200.000 im Jahr 1968 auf 30.000 gesenkt worden. Heute kommt Rover auf einen Jahresumsatz von rund vier Milliarden Pfund (zehn Milliarden Mark). Im vergangenen Jahr liefen 450.000 Autos von den Bändern. Der Marktanteil von Rover in Europa liegt bei 3,2 Prozent.

Der Gewerkschaftssekretär Tony Woodley sagte gestern, daß die „Beziehung zwischen Honda und Rover tot zu sein scheint“. Er fügte hinzu: „Diese Nachricht beweist, daß wir zu Recht wegen der Übernahme beunruhigt waren. Es könnte ernsthafte Probleme für die bereits existierende Rover-Reihe geben, und es wird zweifellos Probleme für die künftige Rover-Entwicklung geben.“ Woodley verlangte ein dringendes Gespräch mit BMW und Rover.

Rover ist mit Honda eng verflochten. Das japanische Unternehmen stellt bisher in seinem Werk in Swindon 70.000 Motoren im Wert von 400 Millionen Pfund im Jahr für Rover her. Ein BMW- Sprecher sagte, die laufenden Verträge seien vom Ausstieg Hondas nicht berührt. Honda gab jedoch bekannt, daß „sämtliche Verträge überprüft werden und im Augenblick noch nichts klar“ sei. Die 2.000 Arbeitsplätze in Swindon seien jedoch nicht gefährdet, weil Honda dort neben dem Honda- Akkord mit Zwei-Liter-Motor in Zukunft auch 50.000 Stück mit kleinerem Motor bauen will. „Wir hatten nie Streit mit Rover“, sagte der Honda-Sprecher gestern. „Wenn es Schwierigkeiten gab, dann immer nur mit British Aerospace.“ Der BMW-Einstieg bei Rover muß nun noch von der British- Aerospace-Hauptversammlung genehmigt werden.