Abi-Verschiebung wird durchgezogen

■ Wieder zwei Schulen besetzt / Heute Entscheidung in der Deputation Von Kaija Kutter

Erst vor acht Tagen waren 4000 Hamburger Schüler auf die Straße gegangen. Gestern nun schleppten Schüler der Peter Petersen Gesamtschule und des Gymnasiums Lerchenfeld Isomatten und Schlafsäcke mit zum Untericht, um mit einer Besetzung gegen die geplante Verschiebung der Abiturtermine zu protestieren. Zu spät? Wohl schon.

Denn heute befaßt sich die Schuldeputation mit dem Thema. Um „aufgrund von Erfahrungen endgültig über die Terminverschiebung entscheiden zu können“, halte die Schulbehörde an ihrem Plan fest, diese für drei Jahre zu erproben, heißt es in den Unterlagen, die den Deputierten vorliegen. Die Deputation ist analog zur Bürgerschaft mit Parteienvertretern besetzt. Daß eine Vorlage der Schulsenatorin hier abgelehnt wurde, kam noch nicht vor. Und da selbst die CDU für den Raab-Plan ist, sieht es für die Schüler düster aus.

„Trotzdem sind wir überrascht“, sagt der Vize-Vorsitzende der SchülerInnenkammer, Fabian Freyenhagen. Sie hätten schon geglaubt, daß die Demo vor einer Woche etwas genützt habe. Gesetzt den Fall, die Sache kommt durch, werde man „das Mittel des Streiks nicht ausschließen“.

Wie berichtet, plant die Behörde die Verlegung der schriftlichen Prüfungen von Februar auf Mai, um auf diese Weise das als „Bummelsemester“ verschrieene letzte Schulhalbjahr aufzuwerten. Die Schüler sehen in der Neuregelung keine Auf-, sondern eine Entwertung des vierten Oberstufensemesters. Einer der Hauptkritikpunkte: die unterrichtsfreie Zeit zur Vorbereitung auf die schriftliche Abiturprüfung wird von einer Woche auf ein bis zwei Tage verkürzt. Bisher würde die Woche genutzt, um sich in AGs gezielt vorzubereiten, sagt Fabian Freyenhagen. „Die fahren zu viert oder fünft in ein Ferienhaus, schließen sich ein und üben.“

Gegenargument der Behörde: in acht anderen Bundesländern kämen die Schüler auch mit dem neuen Termin klar. Außerdem sei die „unterrichtsfreie Zeit“ eigentlich nur für Beratungsgespräche mit Lehrern gedacht - ein Angebot, von dem nur jeder dritte Schüler Gebrauch mache, sagt Schulbehördensprecher Ulrich Vieluf. Und: Die „selbständige Wiederholung von Unterrichtsinhalten“ sei eine „ganz normale Anforderung für Schüler, die vor dem Abitur stehen“. Sprich: büffeln sollen sie schon vor der unterrichtsfreien Zeit.

Aber auch Lehrerverbände haben massiv Bedenken angemeldet. Durch die Verschiebung schrumpfe die Zeit für Korrekturen von 2,5 Monaten auf 2,5 Wochen. Gegenargument: Die Lehrer in anderen Bundesländern können auch schneller korrigieen. Aber dort, so der Sprecher des Deutschen Lehrerverbandes, Reinhard Behrens, würden auch die Abiturthemen zentraler verteilt. An Hamburger Schulen hingegen gebe es ein „wesentlich liberaleres Aufsichtssystem“ und eine größere Themenfreiheit. Fazit: „Wenn es keine Entlastung für Leistungskurslehrer gibt, wird es anderswo zu Unterrichtsausfall kommen.“

Lehrerkammer und Schülerkammer haben sich gegen die Neuregelung ausgesprochen, die Elternkammer ist dafür. In der Schulbehörde hält man die Proteste für kurzsichtig, weil es um die argumentative Rettung des 13. Schuljahres gehe. Notfalls auch über die Köpfe der Betroffenen hinweg.