Memminger Landgericht beendet 218-Feldzug

■ Letztes Verfahren eingestellt

Memmingen (taz) – Das Landgericht Memmingen hat am Dienstag eine unerwartete Entscheidung verkündet. In schriftlichem Verfahren setzte sich die 4. Strafkammer unter Vorsitz von Richter Manfred Worm über einen weiteren Ermittlungsauftrag des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLG) hinweg. Die Münchner Richter hatten den einzigen Freispruch des Landgerichts Memmingen wieder aufgehoben. Richter Stefan Falckenberg, inzwischen Vizepräsident am Memminger Landgericht, hatte im Gegensatz zum Memminger Amtsgericht bei der Beschuldigten eine Notlage angenommen und die Frau wegen eines Schwangerschaftsabbruchs im Jahr 1984 freigesprochen (Urteil vom 6.12.88).

Nach der Aufhebung durch das Bayerische Oberste Landesgericht hat man in Memmingen die Sache im Einverständnis aller Beteiligten ruhen lassen, da zwischenzeitlich eine Neuregelung des Abtreibungsrechts in Kraft getreten war.

Richter Falckenberg begründet in seiner Eigenschaft als Pressesprecher des Landgerichts Memmingen die nun erfolgte Einstellung des Verfahrens mit der ungewöhnlich und unvertretbar langen Verfahrensdauer. Die durch das BayObLG geforderte Sachaufklärung sei nach so langer Zeit unmöglich und für die Beteiligten unzumutbar. Außerdem befand die 4. Strafkammer, daß die Rechtsauffassung des BayObLG in verschiedenen Punkten im Widerspruch stehe zu der des Bundesgerichtshofs, der in seinem Revisionsurteil gegen Horst Theissen in weniger gravierenden Fällen die Annahme einer Notlage gebilligt habe. Vor allem „unter Berücksichtigung des Verfassungsgrundsatzes der Verhältnismäßigkeit stelle die zur Schwere des Tatvorwurfs unverhältnismäßige Verfahrensdauer und der erhebliche Umfang des Verfahrensgegenstandes ein Verfahrenshindernis dar, das zur Einstellung führte.“ Ursprünglich war die Frau 1988 vom Amtsgericht Memmingen zu 30 Tagessätzen verurteilt worden. kw