: Keine Versager
■ Studie über Studienabbrecher
Frankfurt/Main (taz) – Studienabbrecher sind keine Versager, so das Ergebnis der ersten deutschen „Abbrecherstudie“, die die hessische Wissenschaftsministerin Evelies Mayer gestern vorstellte. Die Lehre aus der hessenweiten Studie sei, daß die meisten Abbrecher „gute Gründe“ hätten, sich dem Hochschulbetrieb zu entziehen: Aktuelle Chancen auf dem Arbeitsmarkt oder „mangelndes Interesse an den Studieninhalten“ (Mayer).
Die Situation derer, die der Wissenschaft ohne Abschluß den Rücken gekehrt haben, bewertete die Ministerin sehr optimistisch. Die meisten seien zufrieden in Beruf oder Lehre, die wenigsten wanderten aus den Hörsälen in die Arbeitslosigkeit. Um den Abbrechern bessere Chancen bei Bewerbungen zu verschaffen, erhalten sie in Hessen seit etwa einem Jahr Zertifikate über die bislang erbrachten Studienleistungen. Der freudigen Sinngebung durch die Ministerin, nach der der Studienabbruch vielfach ein sinnvoller Entschluß ist, stehen allerdings andere Daten aus der Befragung gegenüber: Danach kommen Studienabbrecher überdurchschnittlich häufig aus sozial schwächeren Verhältnissen als die StudentInnen, die die Hochschule mit Abschluß verlassen. Nach wie vor sind Frauen gezwungen, ihr Studium abzubrechen, weil sie keine Möglichkeit sehen, Hochschule und Kindererziehung miteinander zu verbinden. Zudem geben über fünfzig Prozent keinen guten Grund an, sondern einen schlechten: Die desolate Situation an den Hochschulen.
Nebenprodukt der Erhebung war, daß Bafög-Empfänger schneller studieren als alle anderen. Ein Grund mehr, so die Ministerin, die Bafög-Regelungen nicht zu verschärfen. Eine Initiative der SPD- regierten Länder will sich statt dessen für eine Erhöhung des Bafögsatzes und der Eltern-Freibeträge einsetzen. Auch Bundesbildungsminister Laermann (FDP) will entgegen der ursprünglichen Absicht doch noch vor 1996 eine BaföG- Erhöhung für die Studenten durchsetzen. Er habe nicht den Eindruck, daß der Kanzler seinen Überlegungen von vornherein ablehnend gegenüberstehe, sagte Laermann gestern. Miriam Carbe
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