Städte können Kindergartenplätze nicht garantieren

■ Aufschub bis 2000 verlangt / Geld für Bürgerkriegsflüchtlinge angemahnt

Frankfurt/Main (taz) – „Die letzten beißen die Hunde.“ Der Präsident des Deutschen Städtetages (DST) und Oberbürgermeister von Köln, Norbert Burger, ging gestern mit den anderen zwei administrativen Ebenen in der Bundesrepublik Deutschland – Bund und Länder – hart ins Gericht. Nicht nur mit der Abwälzung der Kosten für die Versorgung und Unterbringung der rund 900.000 Bürgerkriegsflüchtlinge auf die Kommunen hätten sich der Bund und teilweise auch die Länder aus der Verantwortung gestohlen. Ebenso sei es mit der von den JugendministerInnen der Länder beschlossenen Vollversorgung mit Kindergartenplätzen, meinte Burger gestern in Frankfurt am Main.

Burger, der Frankfurter OB Andreas von Schoeler und der Stuttgarter OB Manfred Rommel stellten gestern den kommunalen Gesamthaushalt für 1993 und die Haushaltsprognose für das laufende Jahr vor. Im abgelaufenen Haushaltsjahr stieg das Gesamtdefizit der westdeutschen Kommunen auf das „Rekordniveau“ von 10,5 Milliarden DM. Daß sich in Ostdeutschland das Defizit um rund zwei Milliarden DM auf 5,5 Milliarden DM verringert hat, führten die Oberbürgermeister die Aufstockung des Fonds Deutsche Einheit und die Investitionspauschale des Bundes zurück. Im Westdeutschland habe dagegen auch der strikte Sparkurs die „Einbrüche bei den Einnahmen“ (Burger) nicht kompensieren können.

Und deshalb dürften den Kommunen nicht noch zusätzliche Lasten aufgebürdet werden. Es sei eine humane und richtige Entscheidung gewesen, insbesondere Bürgerkriegsflüchtlinge aus Ex- Jugoslawien aufzunehmen, sagte Andreas von Schoeler. Doch diese Entscheidung des Bundes könne nicht via Sozialhilfe alleine von den Kommunen finanziell abgesichert werden. Daß sich einige Bundesländer mit 50 Prozent an den Kosten beteiligen, wurde von den OBs zwar anerkennend registriert. Doch Bund und Länder, so ihre Auffassung, müßten diese Kosten zu 100 Prozent übernehmen.

Für die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz für jedes Kind klagte der DST einen Zeitaufschub ein – bis zum Jahr 2000. Die von den JugendministerInnen gesetzte Frist 1.1.96 sei nicht einzuhalten, sagte Burger. Schließlich seien bis zu 50.000 ErzieherInnen neu einzustellen, und das in Zeiten, in denen die Kommunen eigentlich Personal abbauen sollten und auch wollten. Darüber hinaus fehle es an Grundstücken und Räumlichkeiten für die Schaffung zusätzlicher Plätze. kpk