Warum muß man töten, damit ihr uns zuhört?

■ Zweiter Verhandlungstag in Mexiko

Mexiko-Stadt (taz) – Worte schießen zuweilen schärfer als Maschinengewehre. „Warum“, fragte EZLN-Sprecher Marcos die versammelten MedienvertreterInnen auf der abendlichen Konferenz am Ende des zweiten Verhandlungstages in San Cristóbal, „warum ist es nötig zu töten und zu sterben, damit ihr endlich jemanden wie Ramona anhört, die von so furchterregenden Dingen spricht wie, daß die indianischen Frauen leben wollen und lernen, daß sie Krankenhäuser wollen und Medizin und Lebensmittel, daß sie Respekt wollen, Gerechtigkeit und daß sie Würde wollen?“

Schnelle Erfolge sind von den Verhandlungen nicht zu vermelden. Auch Regierungsemissär Manuel Camacho Solis machte das in wohl abgewogenen Worten deutlich. In den vergangenen Wochen und besonders den letzten beiden Tagen sei ihm „bewußt geworden, welche Probleme zu der Gewalt in diesem Teil des Landes geführt haben“. Nach einer ersten Revision der EZLN-Vorschläge kommt der Friedensunterhändler zu dem Schluß, daß die Lösung nur in einer „neuen Einbindung der indianischen Gemeinden im ganzen Land“ bestehen kann und in „einer klaren demokratischen Verpflichtung“ – konkreter wurde Camacho an diesem Tag nicht.

Ungeklärt ist nach wie vor auch, welche rechtliche Verbindlichkeit etwaige Vereinbarungen zwischen der Guerilla und dem „statuslosen“ Manuel Camacho Solis für die Zukunft haben. Denn die EZLN- VertreterInnen geben ihre Identität nicht preis und sind von der Regierung noch immer nicht als militärpolitisches Gegenüber anerkannt. Und Camacho Solis ist nun einmal, wie er mehrfach betont hat, „kein Regierungsmitglied“ mehr. Ob und wie in dieser Situation, über Absichtserklärungen hinaus, rechtsgültige Verträge geschlossen werden können, muß sich erst noch zeigen. Aber immerhin: „Es geht in die richtige Richtung“, sagte Subcomandante Marcos zum Abschluß des Tages. Anne Huffschmid