■ Karstadt darf Hertie übernehmen: Kauft bei Tante Emma!
Seit gestern gibt es nur noch zwei große deutsche Warenhaus-Konglomerate: Karstadt-Hertie und Metro-Asko-Kaufhof-Horten. Die Beamten des Bundeskartellamts haben sich auch in diesem Fall nicht getraut, die Konzentration zu verhindern. Denn nach ihrer Definition gibt es keinen Markt für Warenhäuser, sondern lediglich Warensortimente, die von verschieden großen Handelsunternehmen vertrieben werden. Wenn die Kartellwächter ihrer eigenen Argumentation glauben würden, hätten sie auch für Berlin der Karstadt-Hertie-Fusion keine Auflagen erteilen müssen. Aber beim privaten Einkaufsbummel ist den in Berlin ansässigen Beamten dann doch noch aufgestoßen, daß sich – bis auf zwei neue große Kaufhof-Filialen im Osten – die großen Warenhäuser alle in der Hand ihres jüngsten Fusionsfalles befinden.
Die Kontrolleure des Wettbewerbs befanden sich bei der Genehmigung des neuen Kartells in einem selbstverschuldeten Dilemma. Seit drei Jahren beobachten sie eine „besorgniserregende Konzentration im Einzelhandel“, genehmigten aber trotzdem die Übernahme von Asko durch die Metro und jetzt das kleinere Kartell Karstadt-Hertie, weshalb es auch keinen Grund geben wird, dem Metro-Kaufhof die Übernahme des Winzlings Horten zu verbieten. Den Beamten kann man daraus nicht einmal einen Vorwurf machen. Denn jedes spektakuläre Fusionsverbot wurde in den vergangenen Jahren von den Gerichten kassiert, immer mit der Begründung, daß es ja noch einen oder einige gleich große Mitbewerber gebe. Danach könnte das Kartellamt erst dann einschreiten, wenn Metro auch noch Karstadt fressen wollte.
Womit der Schwarze Peter eigentlich bei der Bundesregierung liegen müßte. Nach deren FDP-geprägter Meinung soll sich der Staat möglichst nicht in die Wirtschaft einmischen. Entsprechend sehen die Wettbewerbsgesetze aus. Als Alibi hält man sich ein Bundeskartellamt, das brav und tapfer prüft, sowie eine Monopolkommission aus hochrangigen Rechts- und Wirtschaftsgelehrten, die ebenfalls feststellt, daß die Konzentration im Einzelhandel zwar besorgniserregend zugenommen habe, der Wettbewerb aber trotzdem funktioniere.
Große Schwierigkeiten bereitet innerhalb der gesetzlichen Denkschablonen die Nachfragemacht. Es gibt wohl kaum noch einen Einzelhandelszulieferer, bei dem der konzentrierte Handel nicht versucht hätte, die Einkaufspreise zu diktieren. Auch die Monopolkommission rechnet damit, daß dieses Preisdiktat nur die großen Lieferanten überleben werden. Großlieferanten zusammen mit Handelsmonopolisten werden also irgendwann gegenüber den Verbrauchern nach Belieben die Preise hochschrauben können, wenn sich nicht irgendwann der Staat bequemt, der Entwicklung einen Riegel vorzuschieben. Weil wir darauf vermutlich zu lange warten werden, empfiehlt sich zur Generalprävention: Kauft bei Tante Emma! Donata Riedel
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