Unendlicher Streit um die Pflegeversicherung

■ Vermittlungsausschuß vertagt sich nach langem Geschwätz auf den heutigen Freitag / Soll ein Expertengremium die strittigen Fragen klären?

Bonn (taz) – Kein Anfang für die Pflegeversicherung in Sicht, aber auch kein Ende. Die gestrige Runde des Vermittlungsverfahrens zur Pflegeversicherung verlief ohne Ergebnis zur Sache, der Ausschuß wird heute erneut zusammenkommen. Trotz emsiger Bewegungen der Unterhändler zwischen den Fronten kamen zur strittigen Frage, wie der Arbeitgeberanteil am Pflegeversicherungsbeitrag kompensiert werden kann, keine einigungsfähigen Vorschläge auf den Tisch. Über einen verheißungsvoll angekündigten neuen Vorchlag aus der Koalition wurde nichts näheres bekannt.

Vor allem auf der Regierungsseite konzentrieren sich offenbar alle Anstrengungen darauf, wie das öffentliche Eingeständnis des Scheiterns vermieden oder hinausgezögert werden kann. Vor der niedersächsischen Landtagswahl soll das Projekt Pflegeversicherung möglichst nicht beerdigt werden. Hartnäckig hielt sich das Gerücht, zur heiß umkämpften Frage des Kompensationsbedarfs für die zweite (stationäre) Stufe der Pflegeversicherung solle ein Expertengremium, etwa der Sachverständigenrat, das klärende Wort sprechen, auf das sich Regierung und Opposition seit Monaten nicht einigen können.

Die erste (ambulante) Stufe könne in Kraft treten. Allerdings sprach auch gestern wenig dafür, daß ein Expertenwort den Pflegestreit beenden kann. Nicht nur das Kompensationsvolumen ist umkämpft, auch beim Kompensationsverfahren gab es gestern keine Bewegung.

Während die SPD zum wiederholten Male ihre Kompromißbereitschaft für ausgereizt erklärte, hielt die CSU wiederum die bayerischen Feiertage hoch, von denen keiner verzichtbar sei. Der SPD- Vorschlag, einen Feiertag zu streichen und den Buß- und Bettag auf Freitag zu verlegen, ist also mindestens für die CSU unakzeptabel. Den jüngste Vorschlag der Koalition (schrittweise Abschaffung von zwei Feiertagen oder die Streichung der Lohnfortzahlung an diesen Tagen) lehnt hingegen die SPD ab.

CSU-Landesgruppenchef Michael Glos verbreitete bereits Vorschläge, wie ein erster Schritt zur Pflege auch ohne gesonderte Pflegeversicherung gemacht werden könnte. Danach soll das Angebot der gesetzlichen Krankenversicherung zur ambulanten Pflege ausgeweitet werden. Dazu wäre die Zustimmung der SPD sowenig nötig wie zur Finanzierung, für die wieder die Streichung der Lohnfortzahlung an Feiertagen zur Debatte steht. Tissy Bruns