Badewannenrapper

■ Cunnie Williams Plattendebüt / charmanter Hip Hop des Basketballers vom Schanzenviertel-Label Yo Mama

Cunnie Williams bringt so leicht nichts aus der Ruhe. Dem 204cm-Mann, der den großen Sessel im Büro seiner Plattenfirma Yo Mama im Schanzenviertel mehr als ausfüllt, kommt selten ein böses Wort über seine Sangeskollegen über die Lippen. Selbst Marius Müller-Westernhagen oder Peter Maffay finden noch Gnade. Mit seiner tiefen Stimme bleibt Williams auch in seinem „Kinderdeutsch“ ganz Gentleman, mit dem Rückhalt einer guten Soul-Platte, die Publikum und Kritikern gleichermaßen gefällt.

Dabei hatte den kahlköpfigen Sänger noch vor zwei Jahren „außer in der Badewanne“ nie die Muse geküßt. Mit mäßigem Erfolg spielte er in der zweiten Liga bei Eintracht Hildesheim Profi-Basketball. Beinahe zeitgleich mit dem rappenden Basketball-Superstar Shaquille O'Neal veröffentlichte der Ballspieler Comin' From The Heart Of The Ghetto. Der richtige Zeitpunkt, denn Basketball und schwarze Musik verzahnen sich, von den Werbespots der großen Sportartikelhersteller angespornt, zu einer jugendkulturellen Einheit. „Man braucht für beides ein Rhythmusgefühl“, zieht auch er Parallelen zwischen beiden Passionen.

Wo O'Neals Rap-Album aber eher das Produkt seiner hochkarätigen Mitstreiter blieb, schreibt Williams seine Stücke selbst oder drückt Titeln von Stevie Wonder oder Alphonse Mouzon einen eigenen Stempel auf. für „Suddenly It's Magic“ etwa läßt er sich lediglich von einer Folk-Klampfe begleiten.

Daß der 31-jährige ein blutiger Anfänger hinter dem Mikrofon war, machte sich nur bei der Aufnahme zu seinem Debut negativ bemerkbar. „Weil es das erste Mal war, haben wir über drei Monate gebraucht“, erzählt er selbstkritisch. Gerade daß Williams auch nach langem Feilen zwischen tiefem Sprechgesang und souligem Refrain noch manchmal gehörig neben den Ton greift, macht den ungezwungenen Charme der Platte aus. Das dem schüchternen Hünen so wichtige „feeling“ entsteht nicht durch Perfektion, sondern aus einer emotionalen Direktheit, wie man sie eher aus dem 60's Soul kennt als von zeitgemäßen US-Schmusern.

Sein Übriges tut die althergebrachte Instrumentierung des Produzenten Ralf Droesemeyer, der ein „Fender Rhodes“ ausmottete, jenen Vorläufer des Keyboards mit dem tiefen, butterweichen Klang.

Williams Themen sind neben Zustandsbeschreibungen die Utopien von Menschlichkeit und Liebe. So erträumt er in „I Have A Dream“ eine Welt „so wie sie sein sollte“. Und vielleicht hat sich der 31-jährige Debutant bereits so eingerichtet. Seit 1987 wohnt er mit seiner deutschen Frau bei Hannover, wo der in L.A. geborene Barde die Ruhe und die Segelpartien im Steinhuder Meer genießt. Gewalt, wie etwa bei den L.A.-Riots vor zwei Jahren, lehnt er kategorisch ab: „Der Aufstand in South Central tobt ja in unseren eigenen Vierteln. Jetzt muß man 20 Kilometer fahren um Benzin, Kleider oder Essen zu kaufen. Stattdessen hätte man gegen das Urteil politisch vorgehen sollen: mit Petitionen, Demonstrationen und Berufungsklagen. South Central hätte andere Möglichkeiten gehabt zu reagieren, immerhin ist der Bürgermeister von L.A. ein Brother.“ Da scheint er wieder durch, jener Humanismus des „I Have A Dream“. Daß Rassismus ein Grund für Gewalt sein kann, läßt Williams, der in Deutschland kaum Erfahrungen mit Fremdenhaß gesammelt hat, nicht gelten. „Das ist wie mit Äpfeln. Wenn von 100 Äpfeln einer schlecht ist, sollte man nicht davon ausgehen, daß alle faul sind. Du schmeißt den einen raus und gehst zurück ins Körbchen.“ Volker Marquardt

23.3., Mojo Club, 21 Uhr