Nein zur Anti-Matsch-Tomate

■ Bremer Kindertagesstätten wollen „Genfood“ vom Tisch haben

Aus europäischen Landen frisch auf den Mittagstisch Ihres Kindes: Die garantiert matschfreie Tomate als Vorspeise, eiweiß-angereicherte Kartoffeln an Riesenlachs mit eingebautem Rattengen zum Hauptgericht, das Ganze abgerundet mit einem Schälchen kälteresistenter Winter-Erdbeeren, und dazu empfehlen wir ein Täßchen Milch von der Turbo-Kuh – die MitarbeiterInnen der Bremer Kindertagesstätten graust es. Sie wollen verhindern, daß in den über 6.000 hungrigen Mäulern, die sie täglich mittags speisen, „Genfood“ verschwindet – bloß wie?

Denn für gentechnisch hergestellte oder veränderte Lebensmittel gibt es keine Kennzeichnungspflicht. „Wir befürchten, daß man uns bereits jetzt genmanipulierte Lebensmittel unterschmuggelt“, sagt Heidegret Bosche vom Bremer Institut für Präventionsmedizin und Sozialforschung (BIPS), die in den letzten zwei Monaten in Zusammenarbeit mit dem Amt für soziale Dienste über 100 Kita-MitarbeiterInnen über „Genfood“ informiert hat. Die Risiken sind bislang unkalkulierbar: Niemand weiß, ob es gesundheitliche Langzeitfolgen für die Menschen gibt, ob sie Allergien auslöst, ob es Auswirkungen auf die Umwelt gibt. Die europäischen Nachbarstaaten experimentieren dennoch unbeschwert – weitgehend ohne BürgerInnenproteste. Deutschland steht mit seiner Forderung für eine Kennzeichnungspflicht in der EU alleine da. Sind die VerbraucherInnen machtlos?

„Gehen Sie nicht mit dem moralischen Zeigefinger vor, sondern verhalten sie sich als Teilnehmer eines Marktes, in dem die Nachfrage das Angebot bestimmt“, riet Johannes Hemmen, Wirtschaftsleiter des Oldenburger Studentenwerkes, den Bremer Kitas. In Oldenburger startete im letzten Jahr eine Aktion, die der Bremer Sozialbehörde womöglich als Vorbild dienen wird: Das Studentenwerk ließ sämtliche Mensaküchen-Lieferanten eine rechtsverbindliche Verpflichtungserklärung unterschreiben, daß sie gentechnisch veränderte Lebensmittel nicht liefern bzw. als solche kennzeichnen. Sämtliche niedersächsischen Studentenwerke haben sich dem angeschlossen. Doch für Oldenburg bedeutete die Ablehnung von „Genfood“ auch höhere Kosten: „Je weniger die Lebensmittel vorgefertigt sind, desto sicherer können sie sein, daß sie –natürlich– sind“, so Hemmen. Und das bedeutet: mehr Personal kocht mehr Grundnahrungsmittel zusammen. Für die Bremer Kitas, die seit 11 Jahren mit einem Satz von 2,45 Mark pro Mittagessen auskommen müssen, ist das vorerst utopisch. Und die Zukunft malt Heidegret Bosche in düsteren Farben: „Wir gehen davon aus, daß in zehn Jahren alle Lebensmittel gentechnisch verändert sein werden.“ skai