Sich wehren bei zwei Männern mit Messer

■ Eine brutale Vergewaltigung beunruhigt Kattenturmer Frauen / Polizei weitgehend ratlos

Seit einer brutalen Vergewaltigung vor zwei Wochen haben die Frauen in Kattenturm Angst. „Das hätte jeder von uns passieren können“, hieß es auf einer Veranstaltung am Donnerstag abend, zu der eine private Initiative aufgerufen hatte. 60 Frauen waren gekommen, um zu beraten, wie sie sich besser vor Vergewaltigung schützen können. „Wenn ich jetzt nichts tue, lähmt mich die Angst,“ sagte eine von ihnen, was viele fühlten.

Der Angriff, der die Frauen erschreckte, geschah am 13. Februar gegen 19 Uhr. Nahe der Straßenbahnhaltestelle Robert-Koch-Straße hatten zwei Männer eine 33jährige mit dem Messer bedroht und dann in einem Stichweg brutal vergewaltigt. Bis heute steht die Frau unter Schock.

Aber im Stadtteil haben die Frauen nicht nur Angst, sie sind auch sauer: „Seit Jahren weiß man, daß die Haltestelle Kochstraße zu den vier unsichersten in der Stadt zählt“, so Helgard Warns. „Trotzdem wurde nie etwas unternommen“. Deshalb forderten sie und zwei weitere Frauen gleich nach dem Angriff von den Behörden: Der Weg muß beleuchtet, mit Draht gesichert und eingezäunt werden. Und ein Notrufknopf muß her. „Mütter können ihre Töchter doch nicht immer zur Straßenbahn bringen und abholen.“

Allerdings: bessere Auswege als gemeinsam gehen, schreien oder sich wehren konnte am Donnerstag selbst die Polizei nicht bieten. Die Frauen seufzten: „Bei zwei Männern mit Messer...“ Da mußte auch der Kattenturmer Revierleiter Heinz Taute zugeben: „Es gibt kein Patentrezept.“ Und wegen der städtischen Finanznot fallen auch die anderen Möglichkeiten aus, nach denen die Frauen fragten: „Die Notrufsäulen wurden in den letzten Jahren abgebaut – zu teuer.“ Und für mehr Polizei fehle ebenfalls das Geld.

Daß die Suche nach den Tätern bisher erfolglos geblieben war, beunruhigte die KattenturmerInnen zusätzlich. Die Tatsache, daß im Zusammenhang mit dem Verbrechen zwei fremdsprachige Täter gesucht werden, ließ Vorurteile aufleben: „Ortsfremde“ und „Asylbewerber", die würden doch häufig kriminell, hieß es – kein Widerspruch regte sich.

Gewalt gegen Frauen findet im dunklen Park statt, die Täter sind Unbekannte? Das wenigstens dementierte der Kattenturmer Revierleiter Heinz Taute: „In 60 Prozent der Fälle kennen Täter und Opfer sich.“ Trotzdem bleibe Dunkelheit ein Sicherheitsrisiko. Manche KattenturmerInnen erwägen nun, den Vorgarten zu beleuchten.

„Man muß sich als Bürger doch frei bewegen können“, forderte einer von zehn anwesenden Männern. Die waren wie die Frauen zu der Veranstaltung eingeladen, „denn Gewalttaten betreffen auch unsere Männer und Söhne“, hatte es auf dem Flugblatt geheißen. Pech für die Frauen: Nach einer Stunde Diskussion ging es nur noch am Rande um den Schutz vor Vergewaltigung. Die Besorgnis der Männer um die eigene Unversehrtheit stand im Vordergrund. Selbst die Ratschläge der Polizei wurden immer schwammiger: „Die Sicherheit einer Gesellschaft, das sind wir alle“, hieß es. Und keine Frau widersprach.

Selbst als Heinz Taute bekundete, daß er als Mann nicht so recht Auskunft über das „richtige“ Verhalten geben könne, fragten die Frauen nicht nach, wo denn die Polizistin sei, die sich in ihre Lage versetzen und Rat geben könne. Die Resignation und Hilflosigkeit der Frauen muß am Ende auch der Polizist empfunden haben und gab den letzten Rat: „Vielleicht muß man Angsträume meiden.“ Also: Nie wieder Straßenbahn fahren?

Für diesen Abend lösten die Kattenturmerinnen ihre Probleme. Auf dem Weg durch die Straßenschluchten bot frau sich Begleitung an. Zehn Teilnehmerinnen der Diskussion werden weiter Kontakt halten. Und alle waren sich einig: „Wir müssen hinsehen, wenn etwas geschieht. Nicht wegschauen. Nur so können wir Gewalt verhindern."

Auch die Behörden haben reagiert: Der Stichweg wird beleuchtet und eingezäunt. Und die Notrufsäule besser sichtbar eingerichtet.

Eva Rohde