■ Ökolumne
: Neue Angebote Von Rolf Bach-Wais

Die aktuelle Standortdebatte ist eine Mogelpackung. Diskutiert wird der Stillstand – eine Stillstand- Ort-Debatte also. Doch weil die Diskutierenden nebulös in Erinnerung haben, daß Stillstand Rückschritt bedeutet, verlangen sie Schritte. Der Ausweg aus der Krise sei nur zu schaffen durch Rückbesinnung auf glorreiche deutsche Leistungen und Wiederherstellung dessen, was manche immer noch für unternehmensfreundliche Rahmenbedingungen halten. Dazu zählen sie „maßvolle Lohnabschlüsse“: Wo aber müssen die Löhne hin, um internationale Konkurrenzfähigkeit zu schaffen – auf chinesisches Niveau? Glauben die Protagonisten der Lohnsenkung allen Ernstes, eine solche soziale Demontage mit der Zerstörung der Demokratie im Gefolge sei wünschenswert?

Oder das Eintreten für die Ökopause: Diejenigen, die in einer Ökologisierung der Wirtschaft nur unzeitgemäße Belastungen sehen, haben die strukturelle Tiefe der Krise nicht begriffen. Deshalb sehen sie auch nicht die Chance, die in dieser Krise liegt.

– Die Unternehmen sind gezwungen, über eine andere Angebotspalette nachzudenken. Es bedarf also einer Mischung aus zukunftsweisenden Produkten, Know- how und Dienstleistung. Ein Konzern, der sich nur als Lieferant von Straßenfahrzeugen versteht, wird nicht überleben. Nur wer in der Lage ist, das Produkt Mobilität zu liefern, bleibt selbst dann am Markt, wenn der Straßenverkehr in Dauerstaus kollabiert.

– An die Stelle des krampfhaften Versuchs, über Arbeitszeitverlängerungen, Urlaubskürzungen und Arbeitsproduktivitätssteigerungen die Lohnstückkosten zu senken, wird als Überlebensstrategie treten müssen, die Rohstoff- und Energieproduktivität zu steigern. Innerbetriebliche Kostenkontrollen und Öko-Controlling geben durchaus Instrumente für eine solche „Rationalisierung“ an die Hand. Aber die fehlende Verteuerung des Naturverbrauchs einerseits und der starke Druck auf den Arbeitsmarkt andererseits weisen den Unternehmen noch den vergleichsweise bequemen Weg in den Arbeitskampf. Ändert sich das nicht schnell, wird die Chance der Innovation verpaßt.

– In den Führungsetagen selbst wird es an die Beseitigung der Besitzstände gehen müssen. Die Verfettung der Führungs- und Entscheidungsstrukturen bedarf rascher Korrekturen. Wir werden lernen müssen, Funktionsteilungen im Arbeitsprozeß rückgängig zu machen und prozeßorientiert in Gefügen zu arbeiten. Schlanke Strukturen in Produktion und Verwaltungen bedeuten eben nicht Arbeitsplatzabbau, sondern Einbeziehung aller Beteiligten.

Und in der Politik: Wohlverstandene Wirtschafts- oder Standortförderungspolitik wird Produkte, Produktionsweisen, Vertriebswege des 21. Jahrhunderts fördern – oder wenigstens nicht mehr behindern. Vernünftige Energiebereitstellung und -nutzung ist ebenso im Sinne einer langfristigen Stand-Foto: Eugen Schlachter

ortsicherung wie schadstoffarme Produktion von Gütern, die Nutzen schaffen, ohne teure Müllhalden wachsen zu lassen.

Deshalb braucht die Wirtschaft den glaubwürdigen Impuls über eine ökologische Steuerreform, die Geld kosten wird. Diese Reform, ergänzt durch ordnungspolitische Eingriffe, wird den Einstieg in den Umbau des Industriesystems erzwingen, der für Wirtschaft (und Gesellschaft!) überlebenswichtig ist, den aber auch große Unternehmen nicht allein erzwingen können. Eine Subventionierung alter Strukturen (Stahl, Kohle, demnächst Auto) dagegen verhindert den Neuanfang, ohne dauerhaft Arbeitsplätze zu sichern. Veränderte Rahmenbedingungen hingegen böten den Tarifpartnern die Möglichkeit, sich mit der hohen Sockelarbeitslosigkeit konstruktiv auseinanderzusetzen. Von den Unternehmen wird gefordert werden können, Flexibilisierung nicht nur als Anpassung der Beschäftigten an veränderte Maschinenlaufzeiten zu sehen. Sie wird auch zur Verteilung der Arbeit zwischen den Geschlechtern dienen. Von den Gewerkschaften darf die Gesellschaft erwarten, daß sie sich nicht nur für die Interessen der noch Beschäftigten (Männer) einsetzt.

Die Zeit drängt. Stillstand ist Rückschritt. Eine in Bewegung gebrachte Wirtschaft jedenfalls wird den Standort weder diskutieren müssen noch wollen.

Rolf Bach-Wais ist geschäftsführender Gesellschafter einer mittelständischen Firma und Vorstand des Unternehmensverbands UmweltGrün