: Azubis sollen nicht mehr mitbestimmen
■ Reichsbund Berufsbildungswerk will Teilnahme an Betriebsratswahlen verbieten
Mit einer Demonstration wollen in dieser Woche die Auszubildenden im „Reichsbund Berufsbildungswerk“ an der Universität gegen die Beschneidung ihrer Mitbestimmungsrechte protestieren. Überraschend war ihnen nämlich in der vergangenen Woche von Reichsbund-Geschäftsführer Muras die Teilnahme an den Betriebsratswahlen im Mai verboten worden. Muras hatte sich dabei auf eine Grundsatzentscheidung des Kasseler Bundesarbeitsgerichts bezogen, nach der „Rehabilitanden“ kein Arbeitnehmerstatus nach dem Betriebsverfassungsgesetz zukomme.
Ob es sich aber bei den Azubis im Reichsbund tatsächlich um „Rehabilitanden“ im Sinne dieses Urteils handelt, stellen allerdings sowohl die Ausbildungsvertretung als auch der Betriebsrat im Reichsbund in Frage. Zwar handelt es sich bei den Reichsbund-Azubis um Behinderte, die auf dem „ersten“ Arbeitsmarkt kaum eine Chance hätten, einen Ausbildungsplatz zu finden, „aber deswegen sind wir noch lange keine Arbeitnehmer zweiter Klasse“, heißt es in der Erklärung ihrer Vertretung.
Besonders geärgert hat sich der Reichsbund-Betriebsrat darüber, daß Geschäftsführer Muras erst 1990 die Teilnahme der Azubis an der innerbetrieblichen Mitbestimmung als „soziale Integration“ ausdrücklich befürwortet hatte. Zweimal wurde deshalb bereits in der vergangenen Woche für zwei Stunden die Arbeit niedergelegt. Die Geschäftsleitung hatte daraufhin alle Ausbilder aufgefordert, Anwesenheitslisten zu führen und an die Abteilungsleiter weiterzugeben.
Egal wie der aktuelle Konflikt ausgeht – halten will sich der Betriebsrat an den Ausschluß der Azubis bei der nächsten Wahl sowieso nicht. „Wir haben bereits eine vollständige Wahlliste organisiert“, erklärte Betriebsrat Brandt auf Anfrage, „und nach der werden wir auch vorgehen. Wenn das der Geschäftsleitung nicht paßt, kann sie die Wahl hinterher ja anfechten.“ Ase
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen