piwik no script img

■ StandbildAußen rot, innen weiß

„Die späte Rache der Indianer“, Freitag, 21.15 Uhr, ZDF

Die einarmigen Banditen sind längst aus der Mojave-Wüste verschwunden; vertrieben von Apachen, denen diese Geldschlucker zu langsam waren. Sie haben ihr Casino elektronisch aufgerüstet – bis hin zu 184 Videorecordern, auf denen die „Rothäute“ jede Bewegung ihrer stammesfremden Angestellten registrieren. Sie haben ihre Lektion schon im 17. Jahrhundert gelernt: Mißtraue dem Weißen Mann – er kennt nur „cash“.

1988 bekamen die Indianer das Recht, in ihren Reservaten das Glücksspiel einzuführen – und machten damit den schnellen „Buck“ – 400 Millionen Dollar jährlich. ZDF-Korrespondent Gerd Helbig zeigte in seiner Reportage viel Einfühlungsvermögen für die heikle Situation der native people, er verschonte uns mit geheuchelten „Winnetou“-Legenden und falschem Idealismus. Sein Streifzug durch die schöne neue Welt der United Colors of America ließ ganz beiläufig spüren, wie trügerisch die neuen Klischees vom Wohlstand sind. Von den vielen maroden Eingeborenen-Ghettos, in denen von der Selbständigkeit nur der Suff übrigblieb, war hier zwar nichts zu sehen, doch eine neue Lethargie hat sich mit dem neuen Mammon bereits ausgebreitet – die Gewinnausschüttung lähmt die Motivation wie einst das Feuerwasser.

Ein Drittel der Apachen, so ein Stammessprecher, hat keine Lust mehr auf Arbeit, während zugleich clevere Weiße das Management vieler Casinos übernahmen. Helbig hätte sich da etwas genauer umhören sollen, er interviewte (Korrespondentenangewohnheit?) aber nur die „Offiziellen“. Dennoch ergaben seine Eindrücke ein hübsches Stück Americana. In den neureich-protzigen Zocker-Hangars dürfen ärmere Indianerstämme Silberschmuck verkaufen, und eine ältere Lady klagt: „Das sind nicht mehr die Indianer, die ich geliebt habe.“

Helbig zeigte die Widersprüche und Konflikte diskret, aber neugierig. Informativ, jedoch nicht sehr investigativ; vielseitig, aber wenig an einzelnen Motiven interessiert; kulturell korrekt, aber dafür ohne subjektive Eindrücke vom Leben der apple indians – außen rot, innen aber schon weiß. Etwas mehr Atmosphäre in den Bildern des magazingeschädigten Kameramanns, ein weniger faktenzentrierter Erzählton und viel mehr Sendezeit – und schon wäre aus dem spannenden Bericht ein schillernder Stoff geworden. Dieter Deul

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen