„Gewisses Maß an Drogenkonsum“

■ Interview mit Gesundheitssenatorin Helgrit Fischer-Menzel

taz: Hat es Sie überrascht, daß die Hamburger Staatsanwaltschaft sofort nach der Eröffnung des ersten Gesundheitsraums in Billstedt eine Ermittlung eingeleitet hat?

Helgrit Fischer-Menzel: Auf der einen Seite hat es mich überrascht, weil wir die organisatorischen Rahmenbedingungen für das Drug-Mobil so getroffen haben, daß es nach den Aussagen des Generalstaatsanwalts Arno Weinert vom letzten Juli strafrechtlich unproblematisch ist. Auf der anderen Seite haben wir aber auch gewußt, daß wir uns in einer Grauzone des Betäubungsmittelgesetzes befinden. Daher haben wir miteinkalkuliert, daß die Staatsanwaltschaft hier zumindest ein Vorermittlungsverfahren einleitet.

Halten Sie an Ihrer Aussage fest, daß dort im Rahmen der gesundheitlichen und sozialen Betreuung von Abhängigen unter Aufsicht von medizinischem Personal hin und wieder auch gefixt werden darf?

Ja, wir halten daran fest, daß ein gewisses Maß an Drogenkonsum dort hinnehmbar ist. Da es hier vor allen Dingen um die Gesundheit von Menschen geht, glauben wir, daß wir die richtige Strategie verfolgen. Wir müssen den Spielraum nutzen zwischen dem, was gesetzlich möglich ist, und dem, was für die Drogenabhängigen notwendig ist.

Das hört sich so an, als wenn Sie sich in der Diskussion um Fixerräume als Tabu-Brecherin versuchen wollen.

Ja, wenn man gesellschaftlich etwas verändern will, muß man auch in rechtliche Grauzonen hineingehen und etwas ausprobieren. Man kann nicht immer so lange warten, bis juristisch alles ganz eindeutig geklärt ist. Es gibt inzwischen ja einen recht breiten drogenpolitischen Konsens darüber, daß man für die Drogenabhängigen Hilfen bereitstellen muß, damit sie mit ihrer Sucht umgehen können. Und genau das wollen wir mit unseren Gesundheitsräumen erreichen.

Fragen: Sannah Koch