Noch ein Dom für Bremen

■ Neues katholisches Bistum: Konkurrenz zu Hamburg , Entschädigung für Geschichte

Wenn es nach Bremens Senator für kirchliche Angelegenheiten, Klaus Wedemeier, geht, dann bekommt der St.Petri-Dom demnächst Konkurrenz: Denn die katholische Gemeinde St.Johann im Schnoor soll zum Bischofssitz werden, wenn Bremen und umzu ein selbständiges katholisches Bistum wird. Das hat Wedemeier am Donnerstag in Bonn dem Apostolischen Nuntius Laios Kada – also dem Botschafter des Vatikans – vorgeschlagen.

„Damit wird ein Gerücht konkret“, meint Wilhelm Tacke, Öffentlichkeitsreferent der katholischen Kirche in Bremen. Der Vorstoß des Bürgermeisters sei mit den Katholiken nicht abgesprochen gewesen. Einen eigenen Oberhirten für die etwa 70.000 KatholikInnen in Bremen kann sich Tacke gut vorstellen: „Es wäre gut für das Ansehen und die Präsenz der Katholiken in der Stadt, wenn wir einen Bischof hier hätten.“ Doch Tacke weiß auch, daß die Mühlen Gottes langsam mahlen: „Die Kirche denkt in Jahrhunderten. Ich rechne mit einer solchen Entscheidung nicht mehr in diesem Jahrtausend.“

Die Bistumsgrenzen sind nach der Wiedervereinigung in Bewegung geraten: In den neuen Ländern wurden Bistümer gegründet, und in Schleswig-Holstein, Mecklenburg und Hamburg wird gerade eifrig an einem neuen „Nord-Bistum“ gewerkelt. Da die Grenzen nach den Konkordatsverträgen zwischen Kirche und deutschem Staat ausgehandelt werden müssen, schnupperte Bremen Morgenluft: Warum nicht eine historische Bischofsstadt wieder mit einem Oberhirten ausstatten?

Denn Bremen, die altehrwürdige Bischofsstadt, leidet doppelt: Die KatholikInnen in Bremen gehören zu zwei verschiedenen Bistümern (Bremen zu Osnabrück, alles nördlich der Lesum zu Hildesheim). Und außerdem klebt sich die verfeindete Hanseschwester Hamburg den Heiligen Ansgar rotzfrech als eigenen Patron an die Backe: den „Apostel des Nordens“, dem 845 die Wikinger seinen Bischofsstuhl unter dem Hintern wegbrannten und ihn ins Bremer Exil trieben. Hier war er 20 Jahre Bischof und ist daher „unser“ Heiliger, meint man an der Weser.

Fast 300 Jahre lang war Bremen dann der nördlichste Vorposten der Christenheit, zuständig für die Missionierung der heidnischen Welt bis zum Nordpol. Mit der Reformation wurden KatholikInnen zur unerwünschen Minderheit, die keine Bürgerrechte besaßen und keine Gottesdienste halten durften. Noch im 19. Jahrhundert galten katholische Priester als „Spione des Vatikans“ und später fanden die BremerInnen die Katholiken „schlimmer als Nazis“.

Mit dem Vorstoß für ein eigenständiges Bremer Bistum will der bremische Staat daher auch sein schlechtes Gewissen gegenüber den KatholikInnen entlasten. Als „endgültige Versöhnung mit den Katholiken“, heißt es aus dem Rathaus, sei der Schritt gedacht, der aber natürlich auch Bremens Anspruch als Oberzentrum seiner Region betonen soll.

Langwierige Verhandlungen mit den Ländern Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen und den Bistümern Hildesheim, Osnabrück und Münster stehen auf dem Plan, wenn der Nuntius die Idee eines Bremer Bistums nach Rom weiterleitet. Denn die Grenzen um Bremen sind so verwickelt wie die Geschichte (siehe Karte). Das Gebiet um Oldenburg, das „Offizialat Vechta, gehört zum Bistum Münster, ist aber finanziell und verwaltungstechnisch de facto selbständig. Mit dieser Münsteraner Insel im Bistum Osnabrück könnte Bremen sich zu einem Bistum zusammentun, das den Anforderungen des II.Vatikanischen Konzils von 1965 entspricht: übersichtlich und finanziell-verwaltungstechnisch lebensfähig.

Einfach wird diese Neugründung nicht sein, denn laut der unabhängigen Kirchenzeitung „Publik-Forum“ wehrt sich der Münsteraner Bischof Reinhard Lettmann mit Händen und Füßen gegen die Gebietsabtretung. Doch da setzt der Vatikan auf eine bewährte Verbündete – die Zeit: notfalls könne man mit der Maßnahme auch bis zum Nachfolger auf dem Münsteraner Bischofsstuhl warten, heißt es aus Rom. Denn Bischöfe werden in der katholischen Kirche nicht einfach gefeuert, sie werden abberufen – vom Papst oder aber direkt vom lieben Gott. Bernhard Pötter