Kann denn Grün die Farbe der Hoffnung sein?

■ Der Grüne Pfeil heute zum ersten Mal in Westberlin / 150 mögliche Standorte / Verkehrsverwaltung hofft auf erhöhte Aufmerksamkeit der Autofahrer

Die DDR lebt. Zumindest seit heute auf den Straßen Westberlins. Seit diesem Dienstag nämlich kann der Grüne Rechtsabbiegerpfeil, der in den siebziger Jahren in der DDR eingeführt wurde, auch im Westteil der Stadt und in den alten Bundesländern angebracht werden. Für Verkehrssenator Herwig Haase (CDU), der heute den ersten Grünpfeil-West in Reinickendorf anschraubt, ist der Grüne Pfeil auf schwarzem Grund nicht nur ein Beitrag zur „Verflüssigung des Verkehrs“. Er sieht darin sogar einen „weiteren Schritt zum Zusammenwachsen, der verdeutlicht, daß nicht alles, was es in der ehemaligen DDR gab, von vornherein schlecht gewesen sein muß“.

Insgesamt sind rund 150 Grünpfeile in den Westbezirken technisch möglich. Diese sollen sich „relativ flächendeckend“ verteilen, so der Sprecher der Verkehrsverwaltung, Tomas Spahn. Erfahrungsgemäß wird von den geplanten Standorten circa ein Viertel nach der Einzelfallprüfung aufgrund von Sicherheitsbedenken entfallen. „Wenn die Lichtzeichenanlage der Schulwegsicherung dient“, legt die jüngst erschienene „17. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften“ des Bundesverkehrsministers beispielsweise fest, darf der Grüne Pfeil nicht verwendet werden. Von den 40 bisher zur Einzelfallprüfung vorgelegten Standorten seien „zehn bis fünfzehn“ zur nochmaligen Überprüfung zurückgeschickt worden. Das letzte Wort aber hat die Verkehrsverwaltung, die sich mit der Polizei „kurzschließt“, so Spahn.

Nach Ansicht der Verkehrsverwaltung ist man den Bedenken der Grünpfeilgegner durchaus gerecht geworden: Seit heute besteht beim Grünen Pfeil Haltepflicht vor dem Rechtsabbiegen. Verstöße werden mit 120 Mark Bußgeld und drei Punkten in Flensburg geahndet. In West und Ost.

Der Leiter der Straßenverkehrsbehörde, Wolfgang Friese, der noch vor wenigen Tagen von „hohen Risiken“ sprach, wollte sich einen Tag vor der Premiere des Grünpfeils in Westberlin jedoch nicht mehr als Pfeilgegner verstanden wissen. „Ich schließe mich der politischen und gesellschaftlichen Auffassung des Senats an“, sagte er gestern zur taz. Der Fußgängerschutzverein Fuss e.V. vermutet hinter diesem Meinungswechsel einen „Maulkorb“. Der Verein wirft den Landespolitikern vor, „bewußt einer unfallfördernden Maßnahme zugestimmt zu haben“, und läßt alle rechtlichen Mittel einer Klage wegen der Gefährdung von Gesundheit und Leben prüfen.

Haase jedenfalls appelliert an die Autofahrer, mit dem Grünpfeil „sorgfältig und aufmerksam“ umzugehen. Auch wenn die Erfahrungen mit dem Pfeil-Ost gezeigt hätten, daß der Grüne Pfeil keine Erhöhung des Verkehrsrisikos mit sich bringt, seien jene Autofahrer zu besonders hoher Aufmerksamkeit aufgerufen, die noch keine Grünpfeil-Erfahrung haben. wahn