Gemessenen Schrittes

■ Moskau analysiert Nato-Angriff noch

Die russische Regierung reagiert gemessenen Schrittes auf den Abschuß der serbischen Flieger in Bosnien. Noch Stunden danach war man mit der „Prüfung des Vorgangs“ befaßt. Doch dann kam – beinahe überraschend – ein verbindlicher Ton aus einem Ministerium, das in letzter Zeit zu kraftvolleren Worten neigte. Ein Beamter des Außenministeriums gegenüber der Nachrichtenagentur Interfax: „Sollten die bosnischen Serben tatsächlich eine die bosnische Regierungsarmee versorgende Rüstungsfabrik bombardiert haben, haben sie gegen eine der Resolutionen des UN-Sicherheitsrates verstoßen.“ Damit sei etwas passiert, „wovor wir mehrfach gewarnt und wovor wir Angst hatten, jedoch sei die Flugverbotsresolution auch von Rußland mitgetragen worden“. Zufrieden dürfte man in Rußland auch damit sein, daß mit dem griechischen und dem britischen Außenminister gleich zwei westliche Politiker Moskau nach dem Abschuß kontaktiert und über die westliche Position informiert haben.

Die zentralen Fernsehnachrichten taten sich dennoch etwas schwer. Der russische Fernsehkanal hatte für ein Meldung über den Abschuß ganze zehn Sekunden übrig. Im GUS-weiten Fernsehen wurde zwar etwas ausführlicher, aber ohne Erwähnung der russischen Position berichtet. Der kurzen Abschußnachricht ging ein Bericht des Korrespondenten Wladislaw Solowjow voraus, der offenkundig früheren Datums war. Solowjow betonte das große Vertrauen, das die Serben in die Russen setzten. Und Serbenführer Karadžić unterstrich in einem Interview auf russisch die historische Leidensallianz der beiden Völker. Die Geschichte habe gezeigt: Wenn Rußland schwach sei, müsse auch Serbien leiden.

Der Vorbericht diente der Einstimmung auf den Besuch Karadžics in Moskau. Dort hatte man nach dem Abschuß der Flugzeuge zunächst damit gerechnet, daß der seit längerem geplante Besuch verschoben werden würde, kündigte gleichzeitig aber an, daß der Serbenfüher die Möglichkeit haben werde, mit hohen Regierungsmitgliedern zusammenzukommen.

Wenngleich das Außenministerium zurückhaltend reagierte – der Abschuß wird die Opposition zu neuen Attacken gegen Regierung und Nato anstacheln. Zumal diese sich nach der Amnestie der Putschisten auf der Siegesstraße weiß. Um nicht als „Schwächling“ dazustehen, ist die Reaktion des Kreml auf die Ausweisung eines russischen Spions aus Washington dann auch härter ausgefallen als ursprünglich erwartet: Schon am Montag verwies Moskau einen amerikanischen Diplomaten und angeblichen CIA-Agenten des Landes. Klaus-Helge Donath, Moskau