Händchen halten

■ Die älteste Mitwohnzentrale in Hamburg feierte ihren sechsten Geburtstag Von Kaija Kutter

Ist WG-Zimmer-Vermittlung nicht gleichzeitig Konfliktvermittlung? Wer hat schon gerne fremde Menschen um sich herum? „Ich achte immer sehr darauf, daß die Leute zusammenpassen“, verspricht Klaus Schleif. Die Hälfte seiner Arbeitszeit bestehe aus Beraten und Händchen halten.

Der hochgewachsene junge Mann war vor sechs Jahren der erste, der die Idee der Mitwohnzentrale von München nach Hamburg importierte. Heute hat er sechs festangestellte MitarbeiterInnen, eine jährliche Umsatzsteigerung im zweistelligen Bereich und fünf Konkurrenzanbieter in dieser Stadt. Diese machten ihm nichts aus, sagt der Kleinunternehmer, der gestern, am Tag des Jubiläums, ein Käppi mit dem aufmunternden Mitwohnzentralenspruch „Kopf hoch“ trug.

Dabei drängt sich beim Stichwort „Mitwohnzentrale“ das deprimierende Bild von gehetzten Studienanfängern auf, die, eine Liste mit Telefonnummern unterm Arm, hoffnungsvoll von Vorstellungsgespräch zu Vorstellungsgespräch hasten. „Ich geb keine Listen aus. Ich vermittel die Kunden direkt“, sagt Schleif. Das habe auch den Vorteil einer effektiveren Kontrolle. 2600 Personen hat sein Büro am Schulterblatt im letzten Jahr vermittelt.

Erfreulich dabei: das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage hat sich gewandelt. Es gibt wieder mehr Paare, die sich trennen und WGs einrichten, vermutet Schleif. Und mancher, der seinen Jahresurlaub durch die Vermietung seiner möblierten Wohnung finanzieren will, bleibt schon mal darauf sitzen. Gerade kurz vor den Sommerferien können sich die MWZ-Mitarbeiter vor 1- bis 2-Monatsangeboten gar nicht retten. Sowieso beschränkt sich die Vermittlung zum großen Teil auf Menschen, die aus beruflichen Gründen für kurze Zeit in Hamburg wohnen.

Düster sieht es dagegen für jene aus, die auf Dauer eine Wohnung suchen und „nur“ 800 bis 900 Mark Miete zahlen können. „Ich vermittel sehr gerne zwei Zimmer mit Schiebetür dazwischen“, sagt Schleif. Gerade in Eppendorf wären davon noch viele zu haben. Lehrer-WGs, wollen wir wetten? Mit solchen das Zahnputzbecherregal teilen, aus materieller Not - das fällt nicht jedem leicht.

Die meisten Konflikte gibt's ums Thema Sauberkeit und Hygiene, weiß der MWZ-Chef zu berichten. Und obwohl das Teilen einer Wohneinheit heutzutage oft mit „Anspruch“ verbunden ist - im Unterschied zur Nachkriegszeit, damals war das Halten eines „Untermieters“ eine formal abgeklärte Angelegenheit -, klappt es nicht. Auch und gerade in der „Szene“ gibt es eine Hierarchie, abgeleitet aus der Unterteilung in Mitbewohner und Mietvertragsbesitzer. Wehe, wenn dann die Neue die Kaffeetasse immer da abstellt, wo es dem Alteinwohner nicht paßt. Dann gilt es für sie ein neues Zimmer zu finden. Was nicht schwer ist. 70 Prozent aller WG-Zimmer-Angebote gelten Frauen. Nicht nur Frauen-WGs, auch Männer bevorzugen das weibliche Geschlecht. Sollte es sich dabei um eine verkappte Partnersuche handeln, würde man das am Telefon schon merken, sagt Klaus Schleif. Abgelehnt werden auch Anbieter mit übertriebenen Preisen. „550 Mark für ein Zimmer in Eppendorf, das kann angehen“, aber 650 Mark für ein Zimmer auf St. Pauli seien eher verdächtig. Der klassische Fall seien aber die „nicht gemeinschaftsfähigen“ Vermieter. Personen, die ein Zimmer anbieten, mehrere Bewerber vorsprechen lassen und es dann doch nicht vermieten. Schleif: „Die hätten gerne das Geld, aber ungern die Mieter“.