Falschdarstellung treibt LehrerInnen in die Resignation -betr.: "Bildungspolitikerinnen sauer", taz vom 24.2.94

Betr.:“Bildungspolitikerinnensauer“, taz vom 24.02.

Ulrike Hövelmann fühlt sich durch die Koalition genötigt; sie bezieht scheinbar die basisdemokratische Position der TeilnehmerInnen der Workshops und Foren, weil deren Engagement angeblich nicht gewürdigt wurde. Ausgerechnet aus der SPD, die sich seit Jahren nie um solche Willensbildungen gekümmert hat, wird Protest angemeldet; und der erfolgt gerade an dieser Stelle völlig zu Unrecht.

1. Die vereinbarten Regelungen sind in dieser Form keine Bestandteile des neuen Schulgesetzes. Deswegen kann die erfolgte Absprache zwischen den Koalitionspartnern auch kein Vorgriff auf die zu erwartende gesetzliche Regelung sein.

2. Ulrike hat nicht richtig gelesen. Es ist nicht vereinbart worden, die Schulbezirksgrenzen für die S I zu öffnen, sondern eine Öffnung soll ab 1995 „nach Profilbildung an den einzelnen Schulen und nach Abstimmung zwischen den einzelnen Schulzentren der S I ähnlicher Sozialstruktur in kleinräumigen Regionen angestrebt“ werden. Insofern entspricht diese Vereinbarung inhaltlich haargenau dem überwiegenden Teil der Meinungen der Veranstaltung im Kongress-Zentrum und dem Votum der Schulreform-Kommission.

3. Es gibt faktisch die Wahlfreiheit in der S II über die Anwahl der Leistungskurse schon heute. Außerdem ist eine Liberalisierung der derzeitigen Praxis von vielen Kräften, wie z.B. dem GSV-Parlament, gefordert worden. Einige Schulen haben allerdings auch andere Voten abgegeben. In den von mir besuchten Veranstaltungen zum Thema spielte das S II-Problem so gut wie keine Rolle, weil fast alle mit der Bildungspolitik Befaßten der Meinung sind, daß die wesentlichen Strukturentscheidungen beim Übergang von der OS in die S I fallen.

Der derzeitige Prozeß der Willensbildung ist in den Schulen kompliziert genug, weil viele am Schulleben Beteiligte aufgrund der Erfahrungen der vergangenen Jahre nicht glauben wollen, daß ihr Votum irgendetwas bewegt. Daß nun ausgerechnet diejenigen, die diesen Zustand politisch zu verantworten haben, mit Falschdarstellungen wieder Kolleginnen in die Resignation treiben, ist schon ein starkes Stück.

Helmut Zachau