Anschläge auf Synagoge

■ Zweimal innerhalb von 48 Stunden

Essen (taz) – „Wir machen weiter wie bisher. Wer glaubt, mit solchen Anschlägen unsere Arbeit behindern zu können, irrt sich gewaltig.“ Mit diesen Worten reagierte gestern eine Sprecherin der Alten Synagoge in Essen auf die beiden jüngsten Anschläge gegen das als Dokumentationszentrum und Gedenkstätte dienende Gebäude im Essener Stadtzentrum. Nach Angaben der Essener Polizei warfen Unbekannte in der Nacht zum Dienstag einen Brandsatz auf die Eingangstreppe der Synagoge. Das Feuer sei nach kurzer Zeit von selbst erloschen. Schon am Sonntag morgen waren mehrere Fensterscheiben des Gebäudes eingeworfen worden. Die Synagoge war von den Nazis während der Pogromnacht 1938 in Brand gesetzt und weitgehend zerstört worden. In den 60er Jahren hatte die Stadt das Gebäude übernommen und 1980 zu einer Mahn- und politischen Dokumentationsstätte ausgebaut. Eine ständige Ausstellung erinnert dort an „Widerstand und Verfolgung in Essen 1933–1945“. In einer weiteren Sammlung werden „Stationen jüdischen Lebens“ dokumentiert. Mit zahlreichen Sonderveranstaltungen hat die Synagoge darüber hinaus in den letzten Jahren Akzente gegen das Vergessen gesetzt. Gottesdienste finden in der Synagoge nicht statt.

Die 300 Menschen umfassende jüdische Gemeinde verfügt über ein eigenes Gotteshaus. Nach den rechtsradikalen Schmierereien vergangener Jahre deuten die jüngsten Anschläge eine Eskalation an, die die jüdische Gemeinde in Essen „sehr, sehr besorgen“, so ihr Vorsitzender Benno Reicher. Anonyme Schmähanrufe und auf Fassaden gesprühte rechte Sprüche haben laut Reicher in der letzten Zeit zwar ein „bißchen zugenommen“, aber wirklich bedroht gefühlt habe sich die Gemeinde bisher nicht. „Jetzt sind wir alarmiert.“ Gute Erfahrungen habe man bisher auch mit den örtlichen Sicherheitsbehörden gemacht: „Sofern es unsere Belange betraf, gab es keine Nachlässigkeiten“, sagte Reicher. JS