Wer kauft schon ein Ereignisfernsehen?

■ Der Süddeutsche Verlag will beim Kölner Privatsender Vox aussteigen

Berlin (taz) – Noch vor 15 Monaten, kurz vor Sendestart des Kölner Privatsenders Vox, meinte der Süddeutsche Verlag, ein Bombengeschäft gemacht zu haben. Gleich 20 Prozent der Geschäftsanteile hatte der Verlag der Süddeutschen Zeitung vom amerikanischen Medienmulti Time-Warner übernommen. Der Geschäftsführer der Verlagstochter „SV-Teleradio“, Stefan Zobel, sah das Engagement bei Vox damals als „eine wertvolle Lizenz, um auf dem Markt der elektronischen Medien Fuß zu fassen“. Auch die seinerzeit schon erwarteten Anlaufverluste von 500 Millionen Mark schreckten den Verlag nicht. Nun sind die Blütenträume ausgeträumt. Allein im vergangenen Jahr hat der Kölner Sender mit 330 Millionen Mark Miesen das selbstgesteckte Ziel von „nur“ 240 Millionen um mehr als ein Drittel übertroffen. Das war dem Müchner Verlag dann doch zu viel. Er kündigte am 22. Februar seinen Gesellschaftervertrag.

Time-Warner war nicht der erste Partner von Großeigner Bertelsmann (über die Tochter Ufa) beim Kölner Sender, der wieder ausgestiegen ist. Auch der Stuttgarter Holtzbrinck-Konzern hatte schon Mitte vergangenen Jahres seine Gesellschaftsanteile zur Verfügung gestellt. Sie werden derzeit von der Ufa treuhänderisch verwaltet. Nicht einmal der australische Medientycoon Rupert Murdoch, mit dem Bertelsmann im vergangenen Herbst gerüchteweise verhandelt hatte, war zum Engagement beim Kölner „Ereignisfernsehen“ (Eigenwerbung) bereit.

Nun steht Bertelsmann in Verhandlungen mit „verschiedenen Interessenten“ – so Unternehmenssprecher Helmuth Runde –, die an „bis zu 49 Prozent der Unternehmensanteile von Vox interessiert“ seien. Zunächst einmal muß der Konzern die Holtzbrinck- Anteile wieder loswerden. Die für die Lizenzerteilung zuständigen Landesmedienanstalten hatten Anfang Februar der Ufa Druck gemacht, weil sie „gravierende Anhaltspunkte“ dafür gefunden zu haben glaubten, daß die Ufa über diese Anteile einen unzulässig hohen Einfluß auf Vox ausübe. „Aber was sollen wir denn machen? Wir können doch nicht die Anteile auf dem Kölner Marktplatz verbrennen. Selbst in diesem Falle würden unsere Anteile an Vox ja automatisch ansteigen“, meinte Runde gegenüber der taz.

Wer nun bei Vox einsteigen soll – im Gespräch ist die kanadische Mediengruppe CanWest –, dazu wollte sich Helmuth Runde nicht äußern. Er rechnet erst für die „nächsten zwei bis drei Wochen mit mehr Klarheit“.

Auch dem Süddeutschen Verlag liegt nach Angaben von Unternehmenssprecher Ulrich Esser nichts an einem Scheitern von Vox durch eine „Galgenfrist bis Freitag“ – wie die Frankfurter Rundschau schrieb. Im übrigen sei das von der SZ produzierte Fernsehmagazin „S-Zett“ von der Entscheidung des Verlages nicht betroffen. „S-Zett“ wird unter der Programmverantwortung des Vox-Anteilseigners DCTP ausgestrahlt, der eine eigenständige Sendelizenz für Zulieferprogramme bei Vox besitzt. Jürgen Bischoff