Doch Hamburg rückt nicht näher

■ Mit der Transrapid-Entscheidung bläst Bahn ICE-Strecke nach Hamburg ab / Rückkehr ins Eisenbahn-Mittelalter

Der Regierende Bürgermeister Diepgen bejubelte die Entscheidung für den Bau des Transrapid als „wichtiges Zeichen für den Wirtschafts- und Hochtechnologie-Standort“ und sieht die Arbeitsplätze gesichert. Strikte Ablehnung erntete der Magnetschweber von der SPD und Bündnis 90/ Grüne, das von einem „Milliardengrab“ sprach. Dennoch läßt der Bau des Transrapid Hamburg auf unabsehbare Zeit nicht näher an Berlin heranrücken.

Eine Stunde soll der Tiefflieger auf Stelzen nach seiner Fertigstellung im Jahre 2005 von Hamburg nach Berlin benötigen. Die entscheidende Frage aber, welche zusätzliche Zeit der Transrapid-Reisende benötigt, um ins Berliner Zentrum zu gelangen, ist dabei nicht berücksichtigt. Alle gegenwärtigen Pläne gehen von einer Anbindung des Transrapid am Westkreuz aus. Von dort benötigt man mit der S-Bahn dann noch mindestens zwanzig Minuten bis zur Stadtmitte. Der Vorteil der höheren Geschwindigkeit gegenüber einer ICE-Verbindung nach Hamburg wäre damit perdu.

Westkreuz sei nicht zwingend, auch eine Anbindung an die geplanten Bahnhöfe Lehrter Straße oder Papestraße sei möglich, betont zwar der Sprecher des Verkehrssenators, Thomas Spahn. Alternativen wie eine Transrapid- Führung auf Ständern über dem vorhandenen S-Bahn-Ring oder ein weiterer Tunnelbau ins Zentrum werden aber Milliarden verschlingen und kaum stadtverträglich zu gestalten sein.

Klar ist seit gestern nur eines: Mit dem Bonner Ja zum Transrapid hat die Bundesbahn den Bau einer ICE-Strecke nach Hamburg zu den Akten gelegt, bestätigte ein Bahn-Sprecher in Frankfurt. Statt mit dem ICE bei Tempo 200 in knapp über zwei Stunden von Stadtzentrum zu Stadtzentrum zu schweben, müssen die Berliner weiterhin mit dem eisenbahnmäßigen Mittelalter vorlieb nehmen. Zwar wird die Linie gegenwärtig elektrifiziert, doch der rotte Gleiskörper wird auch künftig höchstens Tempo 160 zulassen.

Keine Chancen wird trotz der Entscheidung der Lieblingsidee des ehemaligen Verkehrsministers Krause zugestanden: dem Bau eines neuen Großflughafens in Parchim – zwischen Hamburg und Berlin gelegen und angebunden an den Transrapid. Der CDU-Verkehrsexperte Giesel hält dies für „absoluten Schwachsinn“ und sieht wie der Verkehrssenator den Standort eines neuen Großflughafens im Süden von Berlin. Dorthin könne aber der Transrapid verlängert werden. Auswirkungen der Entscheidung auf den geplanten Eisenbahntunnel unter dem Tiergarten verneint Giesel. Im Bonner Verkehrsministerium sieht man das anders: Wenn die Hamburger Strecke von der Bahn nicht ausgebaut und weniger befahren wird, dann sei der Tunnel mit vier Gleisen überdimensioniert. Gerd Nowakowski

Siehe auch Seiten 1, 6 und 10