Black & white – Geschichten aus dem neuen Südafrika Von Bartl Grill

Wo waren wir beim letzten Mal stehengeblieben? Ja, richtig, beim Modus vivendi, den wir mit „unserer“ Maid gefunden haben. Die schwierige Alternative hatte geheißen: Princess, ihre beiden Töchter und deren zwo Kinder hinausschmeißen, weil wir political correct sind und in Südafrika keine schwarzen Bediensteten halten wollen. Oder weiterbeschäftigen, weil Princess dann immerhin einen Job hat und ihr Anhang ein Dach über dem Kopf.

Mit Magengrimmen entschieden wir uns für die Lösung B. Das waren am Anfang ziemlich gemischte Gefühle und viele Fremdeleien. Unterdessen haben wir uns aneinander gewöhnt. Die Zwei-Tage-Woche wurde eingeführt und der Fünf-Stunden-Tag. Früher mußte Princess außer Donnerstag rund um die Uhr putzen und waschen und wurrachen. Es hat dennoch einen Weile gedauert, ehe sie die gewerkschaftlichen Errungenschaften schätzen lernte. Jetzt nutzt sie die nie gekannte Freizeit zum großen Indaba, zum Ratschen und Tratschen mit Freundinnen. Außerdem hat sie einen piece-job, eine Teilzeitarbeit in einem anderen Haushalt, gefunden.

Den Kaffee kocht die Kaffeemaschine, die schmutzigen Klamotten reinigt die Waschmaschine (vorher wusch Princess alles in der Badewanne – mit der Hand), und die Herrschaftstitel wurden ersatzlos gestrichen. Madam heißt jetzt Änni, der Boss wird Music gerufen. Happiness, Princess' vierjährige Enkeltochter, hat ihn kurzerhand umgetauft, weil er öfter ein Liedchen pfeift, während er Geschichten wie diese schreibt.

Einmal pro Woche sitzen wir gemeinsam auf der Veranda und veranstalten eine Spaghetti-Schlacht. Es ist der Tag, an dem Markus, der Gärtner, kommt und die Palmen frisiert und das Unkraut aus den Rabatten kämmt. Auch ihn haben wir „ererbt“ und weiterbeschäftigt, weil er sieben Schreihälse ernähren muß. Bei diesen „Arbeitsessen“ wird viel erzählt. Vom fernen Homeland, wo die Verwandten darben. Von den vierzehn oder wer weiß wieviel Klackslauten in Princess' Xhosa-Sprache. Von der „Mutter aller Wahlen“, die demnächst über die Bühne geht und bei der unbedingt Madiba (Nelson d.G.) gewinnen muß. Oder von jenen Buren, die rassistischer sind, als es die Polente erlaubt. Bei denen möchte sie nie und nimmer angestellt sein. Zum Beispiel nebenan, wo eine Verwandte von Terre- Blanche mit ihren zwei Söhnen wohnt. Da herrschen Zucht und Ordnung – was die Dienerschaft angeht. Die beiden strohblonden Pimpfe aber führen sich jetzt schon mindestens so terroristisch auf wie ihr Opa. Die arme Maid darf die kleinen Tyrannen nicht zur Raison rufen. Soeben sind sie wieder mit Cricketschläger und Holzprügel aufeinander losgegangen. In Nachbars Garten erhebt sich ein solches Geschrei, daß das Weiterschreiben schwerfällt. Princess ist jedenfalls froh, daß wir keine Buren sind. Unser Stamm ist in ihren Augen sowieso ziemlich merkwürdig. Sie kann einfach nicht glauben, daß in Deutschland die meisten Leute keine Maids haben. Im weißen Südafrika gehören sie zum Hausstand wie Swimmingpool, Kampfhund und Revolver. Sie will wissen, wer denn in Germany die ganze Hausarbeit verrichtet. „Die Frauen“, antworten wir und fügen gleich den kleinen Unterschied hinzu: „Sie arbeiten zwar wie Maids, kriegen aber keinen Pfennig dafür.“