■ Der Transrapid passierte das Bundeskabinett
: Zu schnell, um wahr zu werden

Matthias Wissmann, haben wir mit Mühe gelernt, heißt Deutschlands zeitweiliger Verkehrsminister. Den Namen des Forschungsministers kennen nur beruflich mit diesem Ressort Beschäftigte, und sie rollen entnervt die Augen, wenn sie ihn hören. Gestern aber durften diese Nebenherren Presseterrain gutmachen; Kanzler Kohl hat ihnen erlaubt, an seinem Kabinettstisch so etwas wie einen Beschluß zu fassen. Es lohnt sich, den Wortlaut zur Kenntnis zu nehmen: Ein „Planungsgesetz“ für eine Transrapid-Strecke zwischen Hamburg und Berlin solle in die parlamentarischen Gremien eingebracht werden.

Dort, spätestens im Bundesrat, wird die Sache ordnungsgemäß scheitern, nur eben nicht, sollen wir glauben, an den christdemokratischen Lichtgestalten des technischen Fortschritts, sondern an ihren roten und grünen Widersachern.

Die Tatsachen sprechen eine andere Sprache, und ein anderer Name verdient hier, in Erinnerung gerufen zu werden: Ingenieur Hermann Kemper aus Nortrup bei Oldenburg erhielt 1934 ein Reichspatent für die Erfindung einer „Schwebebahn mit räderlosen Fahrzeugen, die mittels magnetischer Felder an eisernen Fahrschienen entlang geführt werden“.

Ein alter Hut also, wenn auch die Idee bis heute faszinierend klingt. Nur war sie schon vor sechzig Jahren keine Idee für ein Verkehrsmittel. Denn absolute Geschwindigkeit und relative Mobilität sind nicht dasselbe, manchmal schließen sie sich sogar gegenseitig aus. Artilleriegeschütze zum Beispiel würden zwar unhaltbar rasante Fußballtore schießen, man hätte aber nicht das Gefühl, einem Fußballspiel beizuwohnen. Um dieses tatsächlich erwünschte Ziel zu erreichen, darf der Ball ein bestimmtes Tempo offenbar nicht überschreiten.

So ungefähr verhält es sich mit dem Transrapid- Projekt. Die Gefahr, daß die Versuchsstrecke tatsächlich gebaut wird, ist verschwindend gering. Die soeben privatisierte Bahn kann zum Glück nicht mehr gezwungen werden, mutwillig Geld zu verschwenden. So schreibt der gestrige Regierungsbeschluß klugerweise denn auch vor, das Kabinett sei über die „Kosten- und Risikoentwicklung regelmäßig zu unterrichten“. Bei wesentlichen Abweichungen werde die Regierung neu entscheiden. Damit ist gesagt, worum es geht: Das Transrapid-Konsortium darf auf dem Papier weiterbasteln, die zuständigen Minister dürfen immer mal wieder etwas dazu sagen, wie sie auch immer heißen mögen: Hermann Kemper oder Matthias Riesenkrüger oder so ähnlich. Niklaus Hablützel