■ Einigung zwischen Regierung und Zapatistas in Mexiko
: Eine kleine Revolution

Als Carlos Salinas de Gortari 1988 als Sieger aus den Präsidentschaftswahlen hervorging, da erzählte sich halb Mexiko den Witz von Bush, Gorbatschow und Salinas im abstürzenden Flugzeug, wie sie darüber abstimmen, wer den einzigen Fallschirm bekommt. Und während Salinas mit dem Fallschirm abspringt, rätseln Bush und Gorbatschow, wo der Mann nur die vierte Stimme herbekommen habe.

Wenn solche Witze in Mexiko jetzt tatsächlich der Vergangenheit angehören sollten, dann liegt das – man kann es gar nicht laut genug sagen – an dem politischen Sturm, den ausgerechnet ein Indianer-Aufstand losgetreten hat. Ausgerechnet diejenigen, die in der politischen Kultur des Landes nicht mehr auftauchten, die vergessen worden waren, haben vermutlich erreicht, was die etablierten Oppositionsparteien in Jahrzehnten nicht geschafft haben: die reale Chance, im August saubere Wahlen abzuhalten.

Dabei tut es nichts zur Sache, daß die Forderung der Zapatistas nach einer Wahlrechtsreform in dem jetzt vereinbarten Abkommen nicht enthalten ist. Längst ist der Druck der Öffentlichkeit in klarer Solidarität mit den Zapatistas so stark geworden, daß die Warnung des Subcomandante Marcos, „saubere Wahlen, oder die Nation kracht“, ernst genommen werden muß. Die Regierung weiß das und hat doch gerade noch ihr Gesicht wahren können, wenigstens diese Zugeständnisse nicht an die Guerilla zu machen, sondern in die zuständigen politischen Gremien zu überweisen. Die aber sind wie angestochen. Ohne Reformen kommt die Regierung nicht davon.

Ein großes Fragezeichen aber hat das alles. Zwar sind die tatsächlich vereinbarten Themen des Abkommens allesamt Zugeständnisse der Regierung an die indianischen Gemeinden. Bildung, Gesundheit, Wirtschaft, Infrastruktur. Beim Landbesitz wird die Sache kritisch – und wer weiß, ob die politischen Opportunitäten nicht bald wieder anderes empfehlen als eine Respektierung der indianischen Forderung, eine erneute Agrarreform „im Sinne von 1917“ zu erreichen. Immerhin sind die IndianerInnen nicht die einzige Pressure-group in Mexiko – und bislang waren sie immer die schwächste.

Es wird auch an der internationalen Öffentlichkeit liegen, ob der Zapatista-Aufstand im Verhältnis des mestizischen zum indianischen Mexiko tatsächlich einen so starken Einschnitt bedeutet, wie er ihn für die politische Kultur schon jetzt darstellt. Bernd Pickert