SPD pflegt Pflegestreit

■ Verheugen contra Dreßler: Scharping ruft vom Krankenbett zur Ordnung

Bonn (taz) – Vom Krankenbett aus mühte sich SPD-Chef Rudolf Scharping gestern im innersozialdemokratischen Konflikt um die Pflegeversicherung um Schadensbegrenzung. Auch Bundesgeschäftsführer Günter Verheugen dämpfte: Zwar gebe es keine einheitliche Linie zum neuesten Vorschlag aus der Koalition, Streit gebe es aber nicht. Der SPD-Verhandlungsführer und Sozialexperte Rudolf Dreßler war öffentlich in Harnisch geraten, als seine ablehnende Haltung von Verheugen indirekt als „Einzelmeinung“ gekennzeichnet worden war. Er soll mit Mandatsniederlegung gedroht haben.

Unterstützung erhielt Dreßler gestern von den Gewerkschaften. Falls die Partei einem Eingriff in die Tarifautonomie zustimme, stünden „schwere Auseinandersetzungen“ bevor, erklärte DGB- Vize Ursula Engelen-Kefer. Die Gewerkschaften wollten die Versicherung, aber „nicht um jeden Preis“. Scharping sagte, er halte an Dreßler als Verhandlungsführer fest. Verheugen verwies darauf, daß das SPD-Präsidium am Montag über seine Haltung zum Koalitionsvorschlag entscheiden werde. Er habe sich gehütet, diesen Vorschlag zu kommentieren. Allerdings sehe er in der Bereitschaft der Liberalen, von der bisher geforderten Streichung von zwei Feiertagen abzugehen, ein Aufbrechen der Koalition.

Die Generalsekretäre von CDU und FDP, Peter Hintze und Werner Hoyer, waren über den „Hauskrach“ (Hintze) nicht unglücklich. „Ob denn Scharping oder Dreßler“ für die SPD sprechen, wollte Hoyer wissen.

Daß Dreßler weit weniger als Scharping geneigt ist, bei der strittigen Frage der Kompensation des Arbeitgeberanteils am Pflegebeitrag Kompromisse zu machen, ist seit Monaten unübersehbar. Dreßler besteht darauf, daß dieser Ausgleich keinesfalls durch Eingriffe in die Tarifautonomie erfolgen dürfe. tib