■ Tip
: 26 Badezimmer

„Badetag – Die nackte Lust am Wasser“, So., 20.40 Uhr, arte

Mit dem kleinen Kulturbeutel geht arte baden. Ein eher besinnlicher denn feucht-fröhlicher Themenabend zur oft sehr biederen Historie der Naturfreunde. Die archaischen Kräfte – sie wecken immer wieder neue zivilisatorische Zwänge und Befangenheiten. Kein Genuß ohne Reue. Im Videoessay „Shame on you“ (21.35 Uhr) fühlt sich eine mollige Nacktbaderin wegen ihrer Figur geächtet, und ein Soziologe sagt: „Der Körper wird etwas, woran man sich abarbeitet.“ Neben Wannsee-Impressionen kommen auch die meist älteren Berliner „Saunafreunde e.V.“ zu Wort, eine kurze Rückblende, wie sehr die textillose Bewegung ängstlich darauf bedacht war, dennoch keinen Anstoß zu erregen. „Kein Körperkontakt!“ warnten Strandschilder, „Schmusen“ im FKK-Reservat verpönt, Sauberkeit sehr wichtig, ebenso das sportliche Tummeln im Familienkreise. Der Körperkult ging in martialische Nazi-Athletenbüsten ein; sogar einen „braunen Kampfring völkischer FKK“ hat es gegeben. Romantisch-demokratisch ging es dagegen an den „Lidos“ (0.20 Uhr) zu, jenen ab den zwanziger Jahren in England erbauten Schwimmanlagen, in denen endlich auch das Proletariat zur Sonne, zur Freizeit streben konnte. Die eleganten Pools wirkten „wie ein Raumschiff“. Zwischen Design und Sein, Funktion und Obsession vagabundiert Peter Greenaways amüsanter Streifzug durch „26 Bathrooms“ (20.45 Uhr) – eine Zeitreise von der viktorianischen zur postmodernen Ära. Sublim und künstlerisch sind auch die Paradiese des Paul Cézanne – „Die Badenden“ (23.35 Uhr). Der Maler, der seine eigene Befangenheit mit Atelierbildern zunächst von „Entführung, Orgien, Mord“, später mit objektivierten Natureindrücken kompensierte – er ist trotz des leidenschaftslosen Porträts aus der Provence als Wegbereiter der Moderne erkennbar.

Im Schwimmbad-Pubertäts- Drama „Deep End“ (22.05 Uhr) enden die sublimierten, neurotischen, geheimen Gelüste im Gegensatz zum kultivierten Umfeld fatal. Keine schöpferische Lust ohne Frust und die Melancholie der Unvollkommenheit.Dieter Deul