■ Clinton zieht die Super-Waffe gegen Japan: Ein Sheriff für gerechten Handel?
Die Reaktion des deutschen Wirtschaftsministers auf des amerikanischen Präsidenten neue Waffe für den Handelskrieg mit Japan war eindeutig: Endlich zeigt mal einer diesen Japanern, daß sie nicht länger mit ihren Autos, Chips und Computern die armen, aber ehrlichen US- und EU-Industrien in den Ruin dumpen können! Clinton, der Held, der Kämpfer für freien und fairen Handel, gegen Hosokawa, den protektionistischen Finsterling; die „Super-301“ als Wunderwaffe, als Bombe zum Erhalt des Welthandelsfriedens, mit der die USA, ohne sie einsetzen zu müssen, das Böse in Schach halten können: Geschickter kann man einen Handelskrieg wirklich nicht verkaufen. Dahinter bleibt die US-Regierung sogar ehrlich und verkündet, daß die Waffe nicht ausdrücklich gegen Japan gerichtet sei. Sie zielt auf alle, Japans Importhürden sind nur der Anlaß.
In den USA, die nach dem Zweiten Weltkrieg den Freihandel zur Ideologie erhoben und letztlich in immer neuen Gatt-Verhandlungsrunden weltweit durchgesetzt haben, hat sich während der letzten Rezession ein Hang zum Protektionismus eingeschlichen. Als gegen Ende der 80er Jahre Japans Wirtschaft auf vielen Gebieten erfolgreicher war als die US-Konkurrenz, als auch Schwellenländer auf den Weltmärkten wettbewerbsfähige Produkte anbieten konnten, begann die damals republikanische US-Administration, Handel als Regierungssache zu betrachten: Bush reiste mit der seinerzeit darbenden US-Autoindustrie nach Tokio, um dort für sie einen größeren Marktanteil auszuhandeln. Clinton versuchte es vor drei Wochen gleich für alle zukunftsträchtigen Industrien und Dienstleistungen – ebenfalls erfolglos.
Viel wirksamer als gegenüber Japan war die US- Regierung bei der Durchsetzung amerikanischer Wirtschaftsinteressen jedoch anderswo. Der volle Druck von Super-301 traf Ende der 80er Jahre nicht Japan, sondern Brasilien und Indien. Und vor genau einem Jahr erzwang der US-Handelsbeauftragte Mickey Kantor einen besseren Marktzugang für US- Telefonhersteller in die EG. Sein Hauptargument: Der US-Markt stehe schließlich jedem Anbieter sperrangelweit offen – eindeutig eine Lüge.
Denn um sich gegen unliebsame ausländische Konkurrenz zu wehren, schuf sich das reichste Land der Welt ein ausgeklügeltes Regelwerk, mit dem es gegen Preisdumping und Exportsubventionen in anderen Staaten vorgeht. Was als „unfaire Handelspraktiken“ gegeißelt wird, das entscheidet allein die US-Seite. Im Falle Japans hat Clinton mit dem Vorwurf unfairer und diskriminierender Handelspraktiken sogar recht. Wenn es ihm tatsächlich um den Wert Gerechtigkeit ginge, würde er jedoch einen anderen, wenn auch etwas längeren Weg einschlagen: den über das Welthandelsabkommen Gatt. Donata Riedel
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