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■ ÖkolumneLaut werden! Von Angelika F. Pfalz

Haben uns die frühen Siebziger wieder eingeholt? Die Zeiten, als die neue Frauenbewegung mit bunten Protestzügen und schrillen Aktionen auf die Straße ging, um den Nebenwiderspruch dahin zu rücken, wo er hingehört: ins Zentrum. Ein bißchen anachronistisch wirkt er schon, der fröhlich-nette Frauenstreik in den Neunzigern. Hat einen Hauch von Altweiberfastnacht, Muttertag oder Frauentag in der DDR. Mann kann ihn getrost über sich ergehen lassen, denn am nächsten Tag ist alles wie gehabt. In den typischen Frauenbranchen rationalisieren die Herren weiter die billigen Plätze weg, besetzen auch dort, wo's bislang nicht soviel Prestige gab, die mittleren Ränge, und mauern, wenn die ein oder andere die Leiter ein bißchen weiter nach oben klettert.

Dabei schien es Mitte der achtziger Jahre für Frauen in der Wirtschaft endlich ein paar Schritte voranzugehen. Ganze Regalmeter füllten die Bücher zum Thema Frauen im Management. Mal euphorisch, mal reißerisch behaupteten sie: „Karriere istFoto: privat

weiblich“, beschrieben „Die Business-Amazonen“ oder meldeten gar den „Abschied von der Männergesellschaft“. Jedes Unternehmen, das halbwegs auf sich hielt, stellte einen Frauenförderplan auf die Beine – wenn es nicht schon in Kultursponsoring oder Umwelt machte. Tagungen über Tagungen, sogar der Deutsche Managementkongreß widmete sich der „Zusammenarbeit von Männern und Frauen in Führungspositionen“. Den Anstoß hatte eine Untersuchung der Prognos AG gegeben. Sie berechnete zum Ende des Jahrtausends einen weit größeren Bedarf an Fach- und Führungskräften als Mitte der Achtziger. Nichts weiter. Schon war die Chance für Frauen ausgemacht.

Dann entdeckten auch die deutschen Chefetagen die soft skills, die Führungsqualitäten, die Frauen zeit ihres Lebens eingeübt haben: soziale Kompetenz, Intuition, Mitarbeiterorientierung, ganzheitliches Denken und Handeln, Kommunikationsvermögen und was nicht alles. Hatten den Frauen bislang diese „typisch weiblichen Eigenschaften“ eher im Wege gestanden, schienen sie sich jetzt zum Türcode zu verwandeln. Einen Haken hatte die Sache allerdings. Einer der Kernpunkte der hochgelobten lean production ist nämlich, die Zahl der Jobs auf den mittleren Führungsebenen einzudampfen – genau die Positionen also, in die es Frauen gerade noch gelingt vorzudringen.

Bevor die Männer sich jedoch in teuren Managementkursen die neuen Führungsqualitäten hätten aneignen können, zerplatzte mit der Vereinigung der Frauentraum. Frauen liefen fortan unter dem Etikett „Verliererinnen der Einheit“. Zweifellos – in vielen Branchen, auf zahlreichen Ebenen. Allzuschnell aber entwickelt eine solche Floskel ein Eigenleben. Erscheint als gegeben, unabänderlich, fast als natürlich. Im Sparkassenbereich ist es so gelaufen und nicht nur dort: in der DDR eine Frauendomäne, selbst auf den mittleren Leitungsebenen. Kaum waren wieder bessere Jobs zu besetzen, da kamen sie, die (West-)Männer. War da nicht gesagt worden, der Dienstleistungsbereich – völlig neu aufzubauen – biete Riesenchancen für Frauen? Wunschdenken.

Aus einer ganz anderen Richtung hat sich für Frauen unvermutet eine Chance eröffnet, sich von Grund auf einzumischen. Rezession und schlechte Absatzlage haben schon vertan geglaubte Möglichkeiten der Achtziger zurückgebracht. Nachzudenken nämlich über eine andere, gerechtere Verteilung der Arbeit, die in unserer Gesellschaft anfällt. Allzu rasch ging es dabei nur noch um kürzere Wochenarbeitszeiten, mehr Freizeit für Männer. Die tägliche bezahlte Arbeit zu verkürzen, sie flexibler zu gestalten, zu einer gerechteren Verteilung von Haus- und Familienarbeit zu gelangen, davon redete mann vorsorglich nicht.

Abzuwarten, bis eine neue Modewelle als Angebot kommt – das hieße für Frauen wieder, weitere zwanzig Jahre auf dem Stand der Siebziger zu verharren. Die Metaller, die Stahlkocher, die Kumpel – sie alle wissen genau, zu welchem Ereignis, gegen welchen Beschluß sie auf die Straße ziehen müssen. Ebensolche handfesten Anlässe für Frauen gibt es mehr als genug. Dann müßten sie zu hören sein, zu sehen, nicht mehr zu übergehen. Bislang können die Männer eines wirklich besser: sich nachhaltig in Szene setzen.

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