■ Soundcheck
: Paradise Lost & Crowbar / Pavement

Gehört: Paradise Lost & Crowbar. Wieder einmal Strafe für die zu spät gekommenen; auch und gerade im einträchtigen Jugendmusik-Geschäft gilt die „cum-Tempore-Regelung für den Beginn von Vorgruppen nicht mehr. So spielte das famose Dicken-Quartett Crowbar ihre Ode an die Stumpfheit vor einer noch nicht gefüllten Halle, wobei die meditative Monotonie ihrer gelebten Wucht die eine und den anderen gleich wieder vor die Tür trieb. Erst zum großen Brimborium der fünf Engländer Paradise Lost war das irgendwie ländlich anmutende Rockpublikum dann vollzählig versammelt. Die neugewonnen Helden im Metal-Zirkus taten alles, was unter die Kategorie „Bedürfnisbefriedigung“ oder „ich will jetzt auch was haben für mein Geld“ fällt. Großer schwerer, schmerzlos austauschbarer Rock wurde darniedergerichtet auf das, wenn nicht Armreckende, so wenigstens luftgitarrespielende Auditorium; wildes, Superstars zur Ehre gereichendes Lichtspiel betonte die kreativen Spitzen der ausgewählten Kompositionen. Für die geblendeten, frühzeitig den Ort der Inszenierung verlassenden Konsumenten stellte sich wieder einmal die leidige Frage, ob nur die eigene Hirntätigkeit den Genuß verleidet, oder was sonst nötig ist, um diesen langweilenden Männerspaß ernst zu nehmen.

Uschi Steiner

Heute abend: Pavement. „Ich bin immer gut darin gewesen, mich so zu fühlen, als ginge gerade etwas zu Ende. Zur Zeit“, sagt Steven Malkmus, der lyrische Motor von Pavement, empfinde er die Dinge wieder so, „als laufe ein Zeitabschnitt aus, in dem es nichts zu ergänzen und nur noch Platz für Interpretationen gibt.“ So erging es ihm auch beim Texten: „Die Songs für unser Album Crookred Rain - Crooked Rain konnte ich schreiben, weil ich bereit war, alles was ich jeweils bis zum Sonnenaufgang erlebe, überzubewerten.“

Das kalifornische Quintett spielt sich wüst und melancholisch seit ein paar Jahren auf. Pavement repräsentieren jene, die sich in lockerer Unabhängigkeit und mit langem Atem zu Kompositionen versteigen. Im Rahmen der Epochenklammer „Rock“ und mit Hilfe des praktischen, dinosaurischen Instruments „Gitarre“ entspannen und bereichern Pavement sämtliche laufenden Pop-Diskurse gleichzeitig.

Die Hoffnungsträger sind dabei nicht zimperlich in Fragen des geistigen Eigentums. Und bauen für Journalisten die Metapher vom Blut und vom Wasser um: Musikgeschichte ist dicker als Zeitungspapier.

Kristof Schreuf

Markthalle, 21 Uhr