Darf Rep-Funktionär Polizist bleiben?

■ Polizeichef und Innensenator fühlen sich unzuständig / 1.000 Disziplinarverfahren bundesweit

Darf ein Polizist Funktionär der rechtsextremen „Republikaner“ sein? Mit dieser Frage muß sich jetzt die Senatskommission für das Personalwesen (SKP) befassen, nachdem es sowohl Polizeipräsident Rolf Lüken als auch Innensenator Friedrich van Nispen vorgezogen haben, sich in dieser Sache nicht die Finger zu verbrennen. Konkret geht es um Ralf Riedemann, Polizeibeamter in Huchting und sowohl stellvertretender Landesvorsitzender als auch Bundestags-Direktkandidat der Bremer Reps.

Riedemann ist zwar nicht das einzige Republikaner-Mitglied im Bremer Polizeidienst, er ist jedoch der einzige, der sich seit seiner Wahl zum stellvertretenden Landesvorsitzenden im Juni 1993 offen dazu bekennt. Ein Disziplinarvorermittlungs-Verfahren hatte Polizeipräsident Lüken allerdings erst im Herbst eröffnet, nachdem ihm ein Bericht vorgelegt worden war, in dem es hieß, einzelne Polizisten aus dem Huchtinger Revier hätten sich geweigert, weiterhin mit ihrem Rep-Kollegen zusammenzuarbeiten. Lüken am Freitag: „Dies wurde von den betreffenden Beamten mir gegenüber allerdings bestritten.“ Das Disziplinarverfahren habe er trotzdem weiterbetrieben, denn „ich kann es nicht hinnehmen, daß sich ausgerechnet ein Polizeibeamter hinter die Reps stellt“.

Nachdem Riedemann allerdings eine Strafanzeige wegen Verleumdung gegen den Polizeipräsidenten gestellt hatte, gab dieser das Verfahren an Innensenator van Nispen ab. Und der hält den Fall „von so grundsätzlicher Bedeutung, daß zunächst die SKP prüfen soll, ob eine Funktion bei den Republikanern Anlaß für Disziplinarmaßnahmen sein kann“, so seine Sprecherin Merve Pagenhardt. Noch hat die SKP die Akten nicht auf dem Tisch, aber ihr Chef, Staatsrat Fritz Dopatka, weiß bereits, was seine Behörde damit tun wird. Die Frage sei nur bezogen auf den Einzelfall zu entscheiden: „Dafür müssen wir erstmal mit Riedemann selber sprechen.“

Das hatten sowohl der Polizeipräsident als auch der Innensenator bisher nämlich vermieden. So weiß Riedemann selber von den Ermittlungen gegen ihn offiziell noch gar nichts. „Das muß er auch nicht“, meint Innensenator-Sprecherin Pagenhardt. Trotzdem soll ihm nun Akteneinsicht gewährt werden.

SKP-Chef Dopatka, an dem der schwarze Peter der juristischen Entscheidung hängengeblieben ist, warnt vor einer Grundsatzentscheidung: „Wir wollen keine Märtyrer schaffen, aber man darf das auch nicht auf die leichte Schulter nehmen.“ Er will den Fall möglichst konkrekt klären: „Die Frage ist, ob so ein Rep-Funktionär zum Beispiel unvoreingenommen Ausländern oder ausländischen Kollegen gegenüber auftreten kann.“

Hinweise dazu kann Dopatka auch auf einem Flugblatt finden, das Riedemann unter der Überschrift „Ausländer als Polizisten – wir sagen nein!“ für die Reps verfaßt hat. Zu der in Bremen jetzt gerade begonnenen Aufnahme von AusländerInnen in den Polizeidienst heißt es darin: „Wie so oft in diesem Lande soll der Deutsche gegenüber dem Ausländer wieder einmal benachteiligt werden. Dies nehmen wir nicht länger hin! Uns ist bekannt, daß es in der Beamtenschaft der Bremer Polizei bereits erste Unmutsbekundungen gegeben hat. Diesen Beamten gilt unsere volle moralische Unterstützung.“

Disziplinarische Ermittlungen gegen Rep-Funktionäre wurden seit 1988 schon viele eingeleitet – Ralf Riedemann, neben seinen Bremer Parteifunktionen auch stellvertretender Bundesvorsitzender des „Republikaner-Bundes für öffentlich Bedienstete“, spricht von „bundesweit über 1.000 Verfahren, die meisten davon in CDU-regierten Ländern“. Zu tatsächlichen Disziplinarmaßnahmen hat sich bisher allerdings noch kein einziges Bundesland durchgerungen.

Selbst in Berlin, wo Polizisten für die Republikaner im Abgeordnetenhaus saßen und Umfragen innerhalb der Polizei ein Rep-Sympathisantenpotential von bis zu 50 Prozent ergaben, „gab es nie disziplinarrechtliche Probleme“, so Jörg Antebach, Polizist und Rep-Abgeordneter in der Bezirksverordnetenversammlung Reinickendorf.

Und auch der Bund drückte beide Augen zu, als 1990 gleich vier Mitglieder einer Lübecker BGS-Hundertschaft auf der Landesliste der Reps kandidierten. Das Disziplinarverfahren gegen ihren „zweiten Führer“, Thomas Schröder, wurde damals wieder eingestellt, obwohl im Keller seines Privathauses bei einer Durchsuchung Bücher wie „Die Auschwitz-Lüge“ gefunden worden waren.

Dirk Asendorpf