■ Mit WeintrinkerInnen auf du und du
: Internationale Tropfen

Berlin (taz) – Im Wein liegt die Wahrheit, sagen die Menschen in den deutschen Weinanbaugebieten an Rhein, Mosel, Neckar und Main – und trinken die Hälfte des bei ihnen erzeugten Rebsaftes selbst. Der nur statistisch vorhandene Durchschnittsbürger in Deutschland, in dessen Berechnung die Schluckspechte von der Mosel ebenso eingehen wie der Säugling aus Hamburg, trinkt etwa 23 Liter Wein im Jahr, und das seit vielen Jahren.

In der übrigen Europäischen Union aber sind die KonsumentInnen in letzter Zeit immer zurückhaltender geworden, was den Griff zur Flasche anging. Und insbesondere deutsche Weine landen dort immer weniger in den Einkaufswagen – denn sie sind im Durchschnitt doch teurer als die Produkte aus den südeuropäischen Ländern. Nur etwa ein Fünftel der deutschen Erzeugung geht insgesamt in den Export.

Aber auch die Deutschen sprechen einem ausländischen Tropfen immer häufiger zu. Etwa die Hälfte des Weins, der durch deutsche Kehlen fließt, wurde außerhalb der Landesgrenzen gekeltert. Und die Kellermeister der Restaurants kauften 1993 wesentlich zögerlicher ein als in den Zeiten vor der Rezession. Deshalb begannen im letzten Jahr auch viele Winzer das in der Landwirtschaftsbranche übliche Geschrei nach staatlichen Subventionen anzustimmen.

Etwa 10 Millionen Hektoliter Wein werden hierzulande Jahr für Jahr erzeugt. Damit liegt Deutschland im Mittelfeld der Weinerzeuger, etwa gleichauf mit Ländern wie den USA und Argentinien. Die sehr gute Weinernte im letzten Jahr hat aber auf dem internationalen Markt die Preise gedrückt, und insbesondere Frankreich, Italien und Spanien machen den heimischen Winzern inzwischen enorme Konkurrenz: 78 Prozent der Importe kommen aus diesen drei Ländern.

Aber hier wie auch in anderen Branchen gilt: Wer dafür sorgt, daß die Produktionsanlagen nicht von anno dazumal sind, kann auch im Weinsektor noch Gewinne einfahren. Die anderen aber können sich nicht nur mit einem guten Schluck aus der eigenen Herstellng trösten, sondern auch mit dem Trend, den Marktbeobachter festgestellt haben wollen: Die Rückbesinnung auf klassische Rebsorten wie Riesling, Silvaner und Burgunderarten. „Die Abwendung vom Luxus- und Snob-Wein könnte deutschen Weinen und Sekte künftig wieder zu mehr Markterfolg verhelfen“, heißt es im Platow-Brief. aje