: „Nichts geschenkt“
■ Frauenwohnprojekt: Sechs Jahre Arbeit für einen Traum
Wohnungsbeschaffung als Ganztagsjob – von diesem mühseligen Geschäft kann das Wohnprojekt „Frauen leben zusammen“ ein Lied singen. Vor nunmehr sechs Jahren haben die neun Frauen mit ihren sechs Kindern begonnen, Pläne über ihr zukünftiges Zusammenwohnen zu schmieden. Mit etwas Glück können sie in diesem Herbst ihr neues Domizil beziehen.
Auf die Suche nach einem Altbau in Innenstadtnähe hatten sie sich begeben, doch wie so viele andere scheiterten auch sie an der Wohnraumknappheit. „Ein eigenes Haus hatten wir immer als absurd abgetan“, erzählt Marion, „dafür fehlte uns schlicht das Geld.“ Die Hände in den Schoß legen konnten sie dennoch nicht, fast allen drohte wegen Eigenbedarfskündigungen oder saftiger Mieterhöhungen Wohnungslosigkeit.
Zwangsläufig, so schildert Thekla, reifte so die Idee zum Häuslebau. „Wir wollten aber kein abgeschirmtes Schöner-Wohnen-Modell, sondern sozialen Wohnungsbau. Allerdings mit eigenen Ideen. Dazu gehörte auch die Gründung einer Genossenschaft: Gemeinsam mit den Projekten „Stadtwohnen“ und „Freiraum“ taten sich die Frauen im Juni 1992 zum „Ottensen Dreieck“ zusammen; nach langen Verhandlungen gelang es ihnen schließlich, ein Grundstück an der Bergiusstraße Ecke Erdmannstraße zu erstehen.
Die Finanzierung? „Eine Riesenbelastung“, sagt Marion. Zwar bot die Wohnungsbaukreditanstalt zinsgünstige Kredite, doch dafür verlangte sie 15 Prozent Eigenkapital – 300.000 Mark, für die alleinerziehenden Frauen eine „astronomische Summe“. Die Sozialbehörde half, sie schoß wegen der drohenden Obdachlosigkeit 190.000 Mark zu. Doch ohne Gegenleistung kein Geld – dafür verlangte sie ein Mitspracherecht über die Mieterinnen – und wieder zähe Verhandlungen.
„Uns ist wirklich nichts geschenkt worden“, bilanziert Marion inzwischen. Und: Guten Gewissens könne man anderen Frauen ihren Weg nicht empfehlen. Wer kann sich das schon leisten – Wohnungsbeschaffung als Ganztagsjob? Das älteste der Kinder zählt inzwischen 17 Lenze. sako
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen