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Frauen-Notruf wird Sparopfer

■ Bei der Beratungsstelle für vergewaltigte Frauen und Mädchen soll der Rotstift angesetzt werden Von Kaija Kutter und Kai von Appen 

Das Procedere ist ermüdend. Warum eigentlich können sich die verantwortlichen Herren nicht gleich umfassend Gedanken machen? Warum kommen sie nicht selbst auf die Idee, daß es nicht allzu intelligent und außerdem frauenfeindlich hoch drei ist, wenn ausgerechnet Hamburgs einzige Beratungsstelle für vergewaltigte Frauen 20 Prozent ihres mickrigen Etats der Sparquote von Finanzsenator Ortwin Rundes opfern soll?

In Zahlen: Von dem 370.000 Mark Etat des in Hamm ansässigen Zuwendungsempfängers sollen 68.000 Mark in diesem Jahr entfallen. „Das bedeutet, daß wir eine von vier Stellen streichen müssen“, sagt Notruf-Mitarbeiterin Gudrun Ortmann. Und dies wiederrum bedeute, daß Wartelisten eingeführt werden müssen, was den Namen „Notruf“ ad absurdum führe. Die drei Sozialpädagoginnen und die Psychologin, wären nicht mehr sofort da, wenn Frauen in Not anrufen.

Das Beratungstelefon „Notruf“ gibt es seit 14 Jahren, 1979 ging es aus der autonomen Frauenbewegung hervor. Seit 1988 wurden dem bis dato ehrenamtlich arbeitenden Projekt feste Stellen finanziert. Aber erst seit einem Jahr ist das Büro personell so ausgestattet, daß die Frauen zumindest vom Ansatz her die nötige Arbeit erfüllen können. Neben der psychologischen Beratung und der sehr wichtigen Prozeßbegleitung schreibt Notruf auch Gutachten und bietet Fortbildung in Schulen an. Außerdem hat die Lobby für Vergewaltigungsopfer ein Auge drauf, daß die Opfer nicht auch noch von Kripo und Justiz diskriminiert werden.

Hamburgs Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel sagte vor zwei Wochen, bei Sparmaßnahmen solle darauf geachtet werden, welche freien Träger in ihrer Art einzigartig sind und deshalb umbedingt erhalten bleiben müssen. Nun ist Notruf der Justizbehörde unterstellt, die sogar noch signalisierte, daß die 20-Prozent-Einsparung in 1994 nur der Anfang sei.

„Wir wissen selber nicht, ob wir unter diesen Bedingungen noch weitermachen“, sagt Notruf-Mitarbeiterin Martha Werner. Schließlich sei „Notruf“ für die vergewaltigten Frauen so etwas wie der „Fels in der Brandung“. „Wie soIllen wir das aber sein, wenn unsere eigne Existenz so ungewiß ist“.

In der Justizbehörde herrscht Achselzucken: „Wir haben keine Möglichkeit, uns das auszusuchen“, so Referatsleiter Friedrich-Dietmar Raben. Die Behörde sei verdonnert worden, 1,9 Millionen Mark einzusparen. Diese Kürzungen seien nur bei Sachmitteln und Zuwendungen für Träger möglich. Raben: „Wir können ja nicht sagen, wir nehmen keine Klagen und Anzeigen mehr an.“

Aus diesem Grund werde der Rotstift vor allem bei „disponiebleren Größen“ angesetzt. Da im Drogenbereich keine Kapazitäten abgebaut werden sollen, habe man sich entschlossen, statt dessen beim Notruf zu kürzen. Eine Alternative gebe es aber nicht, es sei denn, so Raben, „man geht an die Bauunterhaltung und läßt die vergammelten Gerichtsbauten weiter verrotten.“

Übrigens: Spenden bekommt „Notruf“ nur ganz wenig. Während der „Weiße Ring“ jährlich Millionen einstreicht, ist Vergewaltigung kein Thema, mit dem sich Sponsoren schmücken möchten. Bei einer vor drei Jahren begonnenen Förderkampagne kamen mickrige 18.000 Mark zusammen. (Konto: Postgiro Hamburg, Ktnr. 493-200, Bankleitzahl 200 100 20. Notruf Telefonnummer 25 55 66).

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